EKD: Kirchlicher Kompass für Zeitalter der Digitalisierung veröffentlicht
26. April 2021
Die evangelische Kirche in Deutschland (EKD) will ethische Orientierung für eine weitgehend digitalisierte Gesellschaft bieten. In ihrem Grundlagentext gibt sie Denkanstöße und Impulse für Themen wie Homeoffice, Online-Dating, Online-Shopping und Fake-News.
www.ekd.deFreiheit digital - Die Zehn Gebote in Zeiten des digitalen Wandels (PDF)Digitale Nordkirche
Der Text gebe Antworten auf die Frage, wie freiheitliches und verantwortungsvolles Handeln in der digitalen Gesellschaft aussehen könne, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm vergangene Woche bei der Vorstellung der Denkschrift "Freiheit digital. Die Zehn Gebote in Zeiten des digitalen Wandels".
Ethische Orientierungen für gesellschaftliche Fragen
"Weil sich die Technologien in den vergangenen zehn Jahren so rasant weiterentwickelt haben, hinken die gesellschaftlichen Normen für ihre Nutzung zwangsläufig hinterher", sagte Bedford-Strohm. Umso dringlicher sei es, die ethischen Folgen der Digitalisierung stärker in den Blick zu nehmen. Er sehe es als Aufgabe der Kirchen und Religionsgemeinschaften, ethische Orientierungen für gesellschaftliche Fragestellungen zu geben. Keiner anderen Institution sei die ethische Reflexion in die DNA geschrieben.
Die Zehn Gebote als hilfreiches Geländer
Die Denkschrift, die sich in Aufbau und Inhalt an den Zehn Geboten orientiert, mache deutlich, wie hilfreich die biblischen Traditionen dafür seien. "Die Zehn Gebote erweisen sich auch in Zeiten des digitalen Wandels als hilfreiches Geländer für ein Leben in Freiheit und Verantwortung", so Landesbischof Bedford-Strohm.
Verfasst wurde die Denkschrift von der Kammer für soziale Ordnung, herausgegeben wurde sie vom Rat der EKD. Der Rat verbinde damit die Hoffnung, dass der 250-Seiten-umfassende Text Anschluss an öffentliche, wissenschaftliche und innerkirchliche Diskurse finde, sagte der Ratsvorsitzende.
Zehn Gebote auch im digitalen Zeitalter aktuell
Bedford-Strohm verwies auf die Aktualität der Zehn Gebote. So erinnere das neunte Gebot "Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten" an die Debatte über Fake-News und Hassrede im Netz. Er warnte davor, dass sich die Kommunikation im Internet zunehmend nicht mehr an der Wahrheit, sondern am Kommerz orientierte. Algorithmen bevorzugten jene Beiträge auf sozialen Plattformen, die besonders häufig angesehen oder geteilt würden. Damit lasse sich dann auch besonders viel Geld über Werbung generieren.
Auch das Gebot zum Ehebruch verdeutliche ein modernes Problem, Beziehungen verbindlich und verlässlich zu gestalten. Über allem stehe aber das erste Gebot ("Du sollst keine anderen Götter haben neben mir"), das menschlichen Allmachtsfantasien in Bezug auf die Möglichkeiten des technologischen Fortschritts entgegenwirke.
Der evangelische Theologe und stellvertretende Vorsitzende der Kammer für soziale Ordnung, Traugott Jähnichen, betonte, dass mit der Denkschrift weder "eine überschäumende Technik-Begeisterung noch eine Technik-Kritik" transportiert werde. Er erinnerte an die Freiheiten, die die Digitalisierung in der Arbeitswelt schaffe, die gleichzeitig aber auch zu einer Ausbeutung von Arbeitnehmern führen könne. Das erlebten derzeit viele Menschen täglich in der Corona-Pandemie. Auch schier unendliche Konsummöglichkeiten würden im Internet angeboten, deren Maß es zu bedenken gelte.