Evangelischer Kirchentag 2023: Bewegend und aufrüttelnd
13. Juni 2023
Klimakrise und Krieg, Rassismus und Ausgrenzung: 2023 ist nicht die Zeit, sich zurückzulehnen. Es ist die Zeit, etwas zu ändern, damit unsere Welt wieder eine lebens- und liebeswerte ist. Das hat der 38. Evangelische Kirchentag klargemacht. Rund 25.000 Menschen verfolgten die beiden bewegenden Abschlussgottesdienste in der Nürnberger Innenstadt.
"Lügt uns nicht an." Mit diesen Worten zog Pastor Quinton Ceasar die Zuhörer:innen beim Abschlussgottesdienst auf dem Hauptmarkt in seinen Bann. Veränderungen dürften nicht länger aufgeschoben werden. Insbesondere die Ausgrenzung von Menschen habe in der Kirche nichts zu suchen: "Gott ist immer auf der Seite derer, die am Rand stehen, die nicht gesehen oder nicht benannt werden. Und wenn Gott da ist, dann ist da auch unser Platz" sagte er.
"Jeder gehört dazu"
Nächstenliebe funktioniere nicht über Almosen, sondern über die Erkenntnis, dass die Gemeinschaft ganz unterschiedlicher Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen und Biografien die Kirche bilden: "Wir sind kein Gegenüber, brauchen keine Nächstenliebe oder Zuwendung von oben herab. Wir sind Kirche", so der Geistliche.
Auch die zweite Abschlusspredigt, die traditionell in einfacher Sprache gehalten wird, widmete sich diesem Thema. Zu Gottes Markt der Lebens-Möglichkeiten gehöre nicht nur alles, sondern auch jede:r dazu, so Pfarrer Alexander Brandl.
"Ein Zeitalter der Liebe ist möglich"
In seiner Predigt ließ er auch Constanze Pott zu Wort kommen, die im Körper eines Mannes geboren wurde und erst seit kurzem offen als Frau lebt. "Ich will eine Gesellschaft, die feinfühlig ist für die Kämpfe, die wir alle in uns austragen. So oft sieht man sie von außen nicht. Ich will, dass das uralte Versprechen der Bibel wahr wird. Dass Liebe eine Zeit hat. Ich bin überzeugt: Ein Zeitalter der Liebe ist möglich. Wir müssen uns nur dazu entscheiden", so der Pfarrer in seinem Schlussappell.
Zum Kirchentag waren auch zahlreiche Vertreter der Nordkirche gereist, darunter unsere Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt und die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs.
Kirchentag heißt: "Zeigen, woran wir glauben"
"Erleben und zeigen, woran wir glauben, worauf wir hoffen und warum wir uns einsetzen für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung – das stand im Mittelpunkt des Kirchentages", stellte Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt fest. Auch kontroverse Debatten seien zuhörend und friedlich geführt worden, sagte sie anerkennend.
Für Bischöfin Fehrs hielt der Kirchentag noch eine Überraschung parat: Sie sprang kurzfristig für die erkrankte EKD Ratsvorsitzende Annette Kurschus auf dem Roten Sofa ein. Ihr Thema: "Kirche ist dort, wo das Recht des Stärkeren nicht gilt." (Mehr dazu im Video).
Ob bei kreativen Gottesdiensten, intensiver Bibelarbeit oder politischen Debatten zu brennenden Themen unserer Zeit – der Kirchentag habe sie inspiririert und erfüllt, so Fehrs. "Es ist so viel Hoffnung, so viel Ermutigendes, Kraftvolles und Tröstendes von diesem Kirchentag ausgegangen. Das hat auch für die Zukunft etwas sehr Beflügelndes", meint die Bischöfin. "Um es in einem Satz zu beschreiben: Der Kirchentag ist für unsere Kirche Lebenselixier!"
Pfadfinder leisten Großes
In der Nordkirche hatten die Kirchenkreise Mitfahrgelegenheiten und Pilgerangebote zum Evangelischen Kirchentag organisiert. Mehrere Pfadfinder trugen zu einem reibungslosem Ablauf ab: So war der Ring Evangelischer Gemeindepfadfinder (REGP) mit rund 300 Helfer:nnen auf dem Kirchentag. Damit waren die Freiwilligen aus der Nordkirche eine der größten Helfendengruppen in Nürnberg. "Ohne diese Ehrenamtlichen wäre Kirchentag gar nicht möglich", so Anja Siegesmund, Präsidiumsvorstand des Deutschen Evangelischen Kirchentags.
Und auch musikalisch war die Nordkirche vertreten: Nicht nur Jan Simowitsch, Leiter der Popularmusik, sondern auch mehrere Chöre hatten dort Auftritte. Für frischen Wind sorgte der Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg, der sein interaktives, digitales Gottesdienst-Format #liveline vorstellte.