Flüchtlingsbeauftragte: Debatten um rasche Rückkehr von Syrern sind unangebracht
11. Dezember 2024
Nach dem Sturz des syrischen Diktators Baschar al-Assad ist für die Flüchtlingsbeauftragte der evangelischen Nordkirche, Dietlind Jochims, noch nicht abzusehen, wohin sich das Land bewegt. Rufe nach einer schnellen Rückkehr von hier lebenden Syrern seien deshalb unangebracht.
Ob Menschen jetzt in ihre Heimat zurückkehren oder nicht, sei deren eigene Entscheidung, sagte Dietlind Jochims im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Noch sei die Lage im Land unübersichtlich. Zudem gibt die Flüchtlingsbeauftragte zu bedenken, dass viele syrische Menschen in Deutschland inzwischen gut integriert seien.
Drei Fragen an Dietlind Jochims
epd: Wie ist der Sturz Assads einzuschätzen?
Dietlind Jochims: Das kann vermutlich niemand mit Sicherheit sagen im Moment. Nach der Freude über den Sturz Assads wird sich zeigen, ob es (hoffentlich) gelingt, einen Übergang zu mehr Freiheit und Sicherheit für die syrische Bevölkerung zu schaffen, die Minderheiten im Land zu schützen und zu beteiligen und die gemäßigten Kräfte im Land zu stärken.
Viele aus Syrien geflüchtete Menschen haben auf den Straßen in Deutschland gefeiert - ist absehbar, dass sie in ihre Heimat zurückkehren, um sie wieder aufzubauen?
Welche Entscheidungen inzwischen hier ansässige Menschen aus Syrien treffen, hängt vermutlich von vielen Faktoren ab: Welche Perspektiven gibt es dort, welche hat man sich hier neu aufgebaut? Möchte man dort hinfahren, um Verwandte wiedersehen zu können und zu schauen, was dort möglich ist? Hat man Kinder, die hier zum Beispiel in Schule und Freundeskreis verwurzelt sind? Wichtig finde ich: Dies ist die Entscheidung der Betroffenen selbst. Reden wie „Jetzt müssten aber alle rasch zurück“ sind vollkommen unangebracht.
Viele syrische Geflüchtete sind inzwischen in Deutschland integriert, etwa Teil des Gesundheitssystems – mit welchen Auswirkungen muss Deutschland rechnen, wenn viele dieser Fachkräfte ihr Wissen jetzt mit in ihre Heimat nehmen?
In Deutschland herrscht in vielen Bereichen Arbeitskräftemangel. Viele der in den letzten Jahren hierher Geflüchteten haben in den letzten Jahren Arbeit gefunden und dazu beigetragen, dass der Mangel etwas gelindert wurde. Ein Wegzug vieler dieser Arbeitskräfte würde den großen Bedarf natürlich wieder vermehrt deutlich machen.