40 Jahre evangelische Friedensbewegung

Friedensfest erinnert in Wittenberg an Bewegung "Schwerter zu Pflugscharen"

In Wittenberg trafen sich vor 40 Jahren Friedensaktivisten zur Schmiedeaktion "Schwerter zu Pflugscharen". Heute würdigen Vertreter aus Politik und evangelischer Kirche die mutigen Friedensaktivisten von damals, die eine große Bewegung einläuteten.
In Wittenberg trafen sich vor 40 Jahren Friedensaktivisten zur Schmiedeaktion "Schwerter zu Pflugscharen". Heute würdigen Vertreter aus Politik und evangelischer Kirche die mutigen Friedensaktivisten von damals, die eine große Bewegung einläuteten. © iStock

21. September 2023

Die Schmiedeaktion "Schwerter zu Pflugscharen" im Lutherhof in Wittenberg war vor 40 Jahren ein Meilenstein der DDR-Friedensbewegung. Am 21. September erinnert die evangelische Kirche am Ort des Geschehens mit einem "Friedensfest" an den Jahrestag.

Mit einem „Friedensfest“ in Wittenberg erinnert die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) gemeinsam mit den „LutherMuseen“ und weiteren Akteuren an ein historisches Datum: Vor 40 Jahren begann im Wittenberger Lutherhof die Schmiedeaktion „Schwerter zu Pflugscharen“, die zum Slogan der DDR-Friedensbewegung wurde.

Veranstaltung an historischem Ort 

Zu dem Fest am 21. September werden neben dem Landesbischof der mitteldeutschen Kirche, Friedrich Kramer, auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und die Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages, Kristin Jahn, erwartet, teilte die Stiftung Luthergedenkstätten in Wittenberg mit.

Die Veranstaltung wird damit genau an dem Ort stattfinden, wo sich am 24. September 1983 im Rahmen des damaligen Kirchentags rund 600 Menschen versammelten und dabei zuschauten, wie auf Initiative des Wittenberger Pfarrers Friedrich Schorlemmer der Kunstschmied Stefan Nau in heißer Kohle ein Schwert zu einer Pflugschar umschmiedete.

Streben nach Frieden 

Mit dem symbolischen Akt sollte der den Wunsch nach Frieden ausgedrückt werden. Auch der damalige Regierende Bürgermeister von West-Berlin und spätere Bundespräsident Richard von Weizsäcker (CDU) war bei der Aktion vor Ort.

Schorlemmer als Urheber der Aktion wird beim Jubiläum aus gesundheitlichen Gründen nicht dabei sein können, sagte Wittenbergs Oberbürgermeister Torsten Zugehör (parteilos). Von dem Friedensfest erhofft sich das Stadtoberhaupt ein gesellschaftliches Signal: Frieden gebe es erst, wenn Gebrüll und Getöse aufhörten und stattdessen leise Töne wieder möglich würden, sagte Zugehör.

Zeitzeugen erinnern an Geschehnisse

Thomas T. Müller, Direktor der „LutherMuseen“, erinnerte an das Denkmal „Schwerter zu Pflugscharen“ von Michael Krenz, das im Jahr 2017 eingeweiht wurde. Der Lutherhof sei damit ein Erinnerungsort, der an ein authentisches Ereignis erinnere.

Friedenstaube (Symbolbild)
Friedenstaube (Symbolbild)© fotolia.de/LeFleur

Bei dem Friedensfest wollen Zeitzeugen an die damaligen Ereignisse erinnern. Insbesondere mit Blick auf den Ukraine-Krieg solle jedoch auch gefragt werden, wie bürgerliches Engagement für den Frieden heute gelingen könne, hieß es.

Kirche muss sich einmischen

Christoph Maier, Direktor der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt, sagte, vieles von damals erinnere ihn daran, „wie wir heute gesellschaftlich ticken“. Die Friedensfrage sei heute ähnlich anspruchsvoll, wenn auch unter anderen Vorzeichen. Die Akademie gehört zu den Mitveranstaltern.

Auch die Zeitzeugin Elke Witt will das Friedensfest neben der Erinnerung an die damaligen Ereignisse als Signal an die heutige Zeit verstanden wissen. „Ich bin froh, dass die evangelische Kirche in die Friedensdiskussion einsteigt“, sagte Witt. Man müsse beim Ukraine-Krieg statt einer Schwarz-Weiß-Diskussion die Grautöne suchen, sonst könne der Krieg nicht beendet werden.

Lesung und Podiumsdiskussion

Bei dem Festakt wird Schorlemmer zumindest indirekt durch Videoeinspielungen dabei sein. Zudem soll eine Lesung aus der originalen „Schmiedeliturgie“ stattfinden. Bischof Kramer, Ministerpräsident Haseloff und Kirchentags-Generalsekretärin Jahn werden sich zudem gemeinsam mit der Direktorin der Evangelischen Akademie Berlin, Friederike Krippner, einem Podiumsgespräch zum Thema Frieden stellen, hieß es.

Hintergrund

In der DDR war es verboten, das Symbol „Schwerter zu Pflugscharen“ öffentlich zu tragen oder zu verbreiten. "Das Bild eines Schmieds, der eine tödliche Waffe zu einem nutzbringenden Werkzeug formt, stand im Widerspruch zur offiziellen „Friedenspolitik“ der DDR, die auf militärische Abschreckung statt auf Abrüstung setzte", heißt es in einem Text der Bundesstiftung Aufarbeitung

Wer es dennoch wagte, riskierte harte Strafen, die bis zur Verhaftung und Ausweisung reichen konnten. 

Die evangelische Kirche setze mit ihrer Friedensbewegung einen Gegenpol zur Militarisierung der Gesellschaft durch das DDR-Regie. Die aus der Bibel stammende Formel „Schwerter zu Pflugscharen“ wurde alsbald zum Sinnbild ihrer Aktivitäten. Besonders hohen Zulauf erhielt die Bewegung von jungen Menschen. Sie waren ab 1978 gezwungen, am Wehrunterricht der DDR-Schulen teilzunehmen. 

Das Verbot des Symbols "Schwerter zu Pflugscharen" sorgte nicht für ein Abflauen der Bewegung, sondern erwirkte eher das Gegenteil: sie wuchs und bildete schließlich die Keimzelle der Friedlichen Revolution ab 1989. 

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