Gedenken zum 8. Mai: Den Frieden kann man nur gemeinsamen erhalten
07. Mai 2021
Am 8. Mai vor 76 Jahren endete der Zweite Weltkrieg. In Schleswig-Holstein ist dieser Tag in diesem Jahr erstmals ein offizieller Gedenktag. In der Nordkirche wird mit verschiedenen Veranstaltungen der Opfer gedacht und die Bedeutung von Frieden und Verantwortung herausgestellt.
"Es ist notwendig, dass wir uns an den Nationalsozialismus erinnern", sagt Dr. Karen Meyer-Rebentisch, die Projektleiterin der Gedenkstätte Lutherkirche in Lübeck. "Denn es ist überhaupt nicht selbstverständlich, dass wir seit 76 Jahren in Europa in Frieden leben."
Frieden ist nicht selbstverständlich
Das Forum Erinnerungskultur Lübeck, zu dem auch die Gedenkstätte in der Moislinger Allee gehört, möchte den Tag des Kriegsendes deshalb mit verschiedenen Veranstaltungen begehen, die dazu anregen "über Schuld und Verantwortung nachzudenken", aber auch "über den Gewinn von Freiheit nach vielen Jahren der Diktatur, und wie sich Demokratie und eine offene Gesellschaft bewahren lassen", heißt es in einer Mitteilung der Kirchengemeinde.
Der 8. Mai biete Anlass, sich über eine lange Zeit des Friedens zu freuen und sich daran zu erinnern, dass "Menschen nur in einer gemeinsamen Anstrengung den Frieden erhalten und verbreiten können".
Gemeinschaft über Religionsgrenzen hinweg
Zu betrachten ist etwa eine Impuls-Ausstellung der 19-Jährigen FSJlerin Vanessa Wehmeyer in der Lutherkirche. Ihre Bilder mit Begriffen wie "Verlust", "Reue", "Zerstörung" und "Freiheit" sind noch bis Samstag, 16 Uhr, nach telefonischer Anmeldung unter 0157-34532324 zu sehen. Die Bilder sollen zugunsten der FSJ-Stelle der Gemeinde versteigert werden (Gebote an info@luther-leuchtet.de).
Zudem lädt die Lutherkirche – ebenfalls am 8. Mai – zu einer Mehrgenerationen-Friedensandacht ein. Die Predigt hält Pastorin Constanze Oldendorf, die musikalische Gestaltung übernimmt Sven Fanick. Die Andacht beginnt um 16 Uhr und bedarf keiner Voranmeldung.
Der Offene Kanal Lübeck sendet um 17 Uhr ein zweistündiges Radio-Spezial zum 8. Mai, das gemeinsam vom Forum Erinnerungskultur Lübeck, dem Willy-Brandt-Haus Lübeck und der Gemeinde und Gedenkstätte Lutherkirche vorbereitet worden ist. Zum Spezial gehört auch ein Beitrag mit interreligiösen Friedensbotschaften und Musik, der gegen 18.30 Uhr zu hören sein wird. Im Anschluss an den Livestream sind die Beiträge auch über die Mediathek abrufbar.
Jesus als Vorbild
Petra Kallies, Pröpstin im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg, setzt sich in ihrer Videoandacht "Mutwort" mit dem Gebot der Feindesliebe auseinander. "In sieben Jahrzehnten gab es dreimal Krieg, einer schlimmer als der andere", erinnert sie an das Leid vorangegangener Generationen. "Man kann Kinder zum Hassen erziehen, so dass es für sie klar ist, wer der Feind ist. Deutsche und Franzosen haben fast 1000 Jahre lang die sogenannte Erbfeindschaft weitergeben", sagt sie weiter. Sie empfinde es deshalb als "ein riesiges Wunder, dass die Menschen nach diesen letzten, katastrophalen Kriegen gesagt haben: Jetzt ist Schluss. Nie wieder Krieg."
Gleichzeitig erinnert sie an die Worte Jesu Chisti. Er sprach: "Liebt eure Feinde! Damit sagt er uns, sieh deiner Gegnerin, deinem Gegner auch immer in die Augen und sieh den Menschen", so Kallies in ihrer Andacht. Dann könne das gelingen, was keine Selbstverständlichkeit, aber aller Ehren und Mühen wert sei: Frieden schaffen. Die ganze Andacht ist über Youtube abrufbar.
Daneben werden auch andere Gemeinden der Nordkirche in ihren Gottesdiensten an die Opfer des Krieges und den Wert des Friedens erinnern. Darunter ist etwa die Christusgemeinde Pinneberg, die eine Friedensandacht mit Pastorin Kirsten Kunz auf Youtube um 12 Uhr anbietet.
Bitte um Vergebung
Auch in Hamburg wird es Gedenkveranstaltungen geben. So erinnert die Evangelische Stiftung Alsterdorf an alle Euthanasie-Opfer, die unter der Nazi-Diktatur ermordet wurden. In kleiner Runde halten Bischöfin Kirsten Fehrs, Hanne Stiefvater, Vorständin der Evangelischen Stiftung Alsterdorf und Dr. Michael Wunder, Leiter Beratungszentrum Alsterdorf, an der Alsterdorfer "Stolperschwelle" inne und legen Blumen nieder.
"Das Herz stolpert – was für ein Abgrund! Und es bleibt nur die Bitte: Mögen die Betroffenen und ihre Angehörigen, möge die Welt und möge Gott es seiner Kirche verzeihen, dass sie in entscheidender Stunde so dermaßen versagt hat", sagte Bischöfin Fehrs in der Videobotschaft zum Gedenktag, die am Samstag, 8. Mai, auf dem Youtube-Kanal der Nordkirche, ab 10 Uhr zu sehen sein wird.
Kundgebung mit Zeitzeugin
In der Hamburger Innenstadt findet auf Initiative der KZ-Überlebenden Esther Bejerano ein Gedenkrundgang statt. Die Flyer dazu liegen ab 15 Uhr im Gängeviertel aus. Zu jedem eingetragenen Ort kann per QR-Code ein thematischer Audio-Beitrag abgerufen werden. Dazu gibt es ab 15.30 Uhr eine Kundgebung vor dem ehemaligen Stadthaus. Geplant ist außerdem eine Festkundgebung mit Bühnenprogramm auf dem Rathausmarkt von 10 bis 18 Uhr. Als Zeitzeugin wird Esther Bejarano über ihre Befreiung um 18 Uhr am Valentinskamp 34a berichten.
Angesichts der Pandemie werden viele weitere Veranstaltungen digital angeboten. So wird es bereits am Vorabend des Gedenktages auf Youtube etwa einen Vortrag des Potsdamer Historikers Martin Sabrow zu sehen sein. Er trägt den Titel "8. Mai im Wandel der deutschen Erinnerungskultur". Die Veranstaltung des Forums Erinnerungskultur beginnt um 18 Uhr.