Interview mit DEKT-Generalsekretärin Kristin Jahn

Jahn zum Kirchentag: "Abgrenzen, ohne auszugrenzen – das ist das Ziel"

Kristin Jahn, Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentags, präsentiert das Motto der diesjährigen Veranstaltung. Zu den Zielen sagt sie: Es brauche "nichts so dringend wie Foren, auf denen Menschen konstruktiv die Zukunft gemeinsam in den Blick nehmen."
Kristin Jahn, Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentags, präsentiert das Motto der diesjährigen Veranstaltung. Zu den Zielen sagt sie: Es brauche "nichts so dringend wie Foren, auf denen Menschen konstruktiv die Zukunft gemeinsam in den Blick nehmen."

29. April 2025

Der Kirchentag wird immer wieder als „größte protestantische Laienbewegung“ bezeichnet. In diesem Jahr werden bis zu 100.000 Menschen pro Tag in Hannover erwartet. Doch was ist die Idee hinter der Bewegung? Kristin Jahn, Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentags (DEKT), erklärt es.

Vom 30. April bis zum 4. Mai kommenden tausende Christinnen und Christen in Hannover zusammen, um zu diskutieren, zu musizieren und zu beten. Auch aus der Nordkirche sind verschiedene Gruppen dabei. Doch warum gibt es ein solches Großereignis überhaupt? Und wie hat sich der Kirchentag über die Jahre verändert? Der Evangelische Pressedienst hat mit DEKT-Generalsekretärin Kristin Jahn über die Ursprünge und Weiterentwicklung der Bewegung gesprochen. 

epd: Warum hat sich der Kirchentag 1949 als Laienbewegung gegründet, was war die Idee dahinter?

Kristin Jahn: Unsere Gründungsväter rund um Reinold von Thadden hatten die Idee, ein Forum zu schaffen, wo engagierte und interessierte Menschen sich mündig machen können, sich selbst eine Meinung bilden können, wie die Bibel auszulegen ist, was mit Gott vereinbar ist und was nicht.

Dabei spielte auch das Erkenntnismoment eine Rolle, dass die Amtskirche sich gerade im Nationalsozialismus schuldig gemacht hat an ihren Mitmenschen. Von Thadden war der Ansicht, wir müssen über die Schuld reden, und wir müssen über unsere Verantwortung von morgen reden. Und wir bekommen das nur im Miteinander hin.

Wenn man sich die aktuelle gesellschaftliche Situation in unserem Land anschaut, braucht es nichts so dringend wie Foren, auf denen Menschen konstruktiv die Zukunft gemeinsam in den Blick nehmen – und zwar, ohne Feindbilder im Kopf und ohne eine Haltung der Ausgrenzung. Das ist die Kunst. Deshalb sagen wir als Kirchentag auch, wir sind offen für alle Menschen, aber nicht für all das, was Menschen tun. Abgrenzen, ohne auszugrenzen – das ist das Ziel.

Der Kirchentag wird von vielen hauptamtlichen kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern organisiert. Kann man da heute noch von einer Laienbewegung sprechen?

Ich kann mit diesem Laien-Begriff persönlich nicht viel anfangen. Er bekommt schnell ein abgrenzendes Moment: Als Theologin bin ich Laie in wirtschaftlichen Themen, bin Lernende und der Kirchentag versammelt jene, die noch was wissen wollen, lernen wollen für ihr Morgen.

Gerade die regionalen Vertretungen des Kirchentages, die Landesausschüsse, sind häufig mit hauptamtlichen kirchlichen Mitarbeitern besetzt. Wo ist da das Laienelement?

Über die Zusammensetzung von Landesausschüssen verfügen wir nicht als Kirchentagsorganisation. Die Entscheidung darüber wird vor Ort getroffen. Aber die Landesausschüsse sind frei, alle Menschen zum Mitmachen einzuladen. Außerdem würde ich sagen, die Arbeit in diesen Netzwerken ist auch für die meisten Hauptamtlichen on top. In den meisten Dienstbeschreibungen steht Engagement für den Kirchentag nicht drin.

Wenn wir in unserer Programmplanung schauen und in den einzelnen vorbereitenden Projektleitungen, dann ist das von der Wissenschaftlerin angefangen bis hin zum Gemeindepädagogen einfach ein gemeinsames ehrenamtliches Tun und ein Geschenk an die Gesellschaft. Wenn wir nicht über 3.000 Helfende hätten, die häufig ihren Urlaub spenden, um das „Haus Kirchentag“ zu bauen, damit andere dort ihre Themen gut aufs Podium bringen können – wenn es dieses zivilgesellschaftliche Engagement nicht gebe, dann könnten wir Kirchentag nicht machen. Und natürlich können wir dies auch nur tun, weil wir eine gute Finanzierung haben von Landeskirchen, von Bund und Land und von der Stadt, die uns einlädt.

Bei diesen vielen Geldgebern: Wie unabhängig kann Kirchentag da noch agieren?

Unser Präsidium ist gesellschaftlich sehr divers besetzt, und genau darin liegt die Stärke: Unsere Debatten werden aus der politischen Verschiedenheit heraus gesetzt. Schauen wir auf den Kirchentag 2027 in Düsseldorf. Da werden Vertretungen der Stadt und der Landeskirche im Präsidium Gäste sein und mit ihrer Stimme auch gehört. Schon im ersten gemeinsamen Denken werden Themen- und Bedürfnistableau zusammengebracht. Denn am Ende muss unser Konzept auch in das Wohnzimmer der Stadt passen, die uns einlädt. Wenn für die Beteiligten vor Ort beispielsweise ein Losungsvorschlag, nicht in Frage kommt, weil er im Rheinland schief ankäme, dann werden wir so weise sein und uns das noch mal durchs Herz gehen lassen.

Aber schlussendlich liegt die Hoheit dessen, was Kirchentagsprogramm ist, beim Präsidium. Wenn diese Freiheit nicht mehr gegeben ist von den Geldgebern, dann macht man genau das Moment, dass sich Menschen ehrenamtlich für das Wohl des Landes engagieren, kaputt. Wir brauchen die christliche und politische Freiheit in der Gestaltung.

Führen Sie diesen Diskurs um den Begriff Laienbewegung auch im Präsidium?

Das ist eine Metadebatte, die wir dort nicht permanent haben. Aber unterschwellig ist uns das natürlich immer wichtig. Wer sind wir? Für wen wollen wir das tun, was wir tun?

Ich persönlich würde sagen, ich bleibe auch als Theologin und Pfarrerin ein Leben lang Laiin, auch vor Gott. Wenn ich schon heute wüsste, dass ich alles mit Gott erfahren habe, dann hätte ich „Gott in der Tasche“. Und so einen Gott brauche ich nicht, um mit Dietrich Bonhoeffer zu sprechen. Ich wünsche mir das demütige Hören auch von den Theologieprofessoren bis hin zu den bedeutendsten Bischöfen dieser Welt. Wir sind und bleiben Lernende und Anfänger und wir können selber miteinander immer wieder das Morgen wagen, in dem wir uns zugestehen, noch bessere sein zu dürfen.

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