Kirchengemeinden gedenken ermordeten Kindern und ihren Müttern
14. November 2024
Die Gemeinden im Kirchenkreis Ostholstein möchten am Volkstrauertag an all die Kinder erinnern, die während der NS-Zeit im „Kinderheim Ost“ in Lensahn starben. Die dort verübten Verbrechen seien ein besonders beschämendes Kapitel ostholsteinischer Geschichte, teilte der Kirchenkreis mit.
In dem betreffenden Heim waren die Säuglinge von Zwangsarbeiterinnen untergebracht. Viele starben schon wenige Tage oder Monate nach ihrer Geburt.
Grausame Vernachlässigung
Die Baracke am Ortsrand war vor 80 Jahren vom NS-Regime für den damaligen Landkreis Oldenburg errichtet worden. „Durch bewusste Vernachlässigung, unzureichende Hygiene, fehlerhafte Ernährung und mangelnde gesundheitliche Betreuung kamen zwischen 1944 und 1945 von den 63 dort geborenen Säuglingen 34 ums Leben“, erläutert die Stockelsdorfer Pastorin Almuth Jürgensen, Beauftragte für Erinnerungskultur im Kirchenkreis.
In der eher einer Kinderverwahranstalt als einem Kinderheim gleichenden Baracke wurden polnische und aus damaligen Sowjetrepubliken stammende Zwangsarbeiterinnen untergebracht, die kurz vor der Entbindung standen und nach der Geburt möglichst schnell wieder zum Arbeitseinsatz geschickt werden sollten. Nur alle zwei Wochen durften sie ihre Kinder sonntags besuchen.
Kein Kind soll vergessen sein
„Wir wollen am Volkstrauertag aller Frauen und Männer gedenken, die im Zweiten Weltkrieg in Ostholstein Zwangsarbeit leisten mussten, vor allem aber der Mütter und ihrer Kinder, die Opfer dieser unwürdigen und verbrecherischen Behandlung wurden“, sagt Jürgensen. Neben einem Gebet für die Menschen sollen auch die Namen der Kinder in Gottesdiensten zu Gehör gebracht werden.
Die bisherigen Erkenntnisse über das „Kinderheim Ost“ gehen zurück auf den ehemaligen Geschichtslehrer und Regionalforscher Dietrich Mau und Nils Kuhnert-Schumacher, Lehrer an der Fachschule für Sozialpädagogik in Lensahn.
Aufarbeitung dauert an
Die beiden beschäftigen sich seit Jahren mit der Aufarbeitung dieses beschämenden Kapitels ostholsteinischer Regionalgeschichte. Auch im damaligen Landkreis Eutin gab es eine vergleichbare Einrichtung, doch die Untersuchungen der beiden hierzu sind noch nicht abgeschlossen.
Kinder von Zwangsarbeiterinnen galten im nationalsozialistischen Deutschland als unerwünscht. Wurden Frauen trotz ihrer ohnehin prekären Lebensumstände schwanger, wurden viele von ihnen zu Abtreibungen genötigt. Andere mussten ihre Neugeborenen in einfachsten Einrichtungen wie der in Lensahn abgeben.
Gedenkfeiern in vielen Gemeinden
Wer möchte, ist herzlich eingeladen, sich an den Gedenkgottesdiensten der Kirchengemeinden für die Kinder und ihre Mütter am Volkstrauertag (17. November) zu beteiligen. Diese und viele weitere Gottesdienste finden Sie in unserem Gottesdienstkalender.