Klimaschutz verbindet: Tansania und Norddeutschland im gemeinsamen Einsatz
11. November 2024
Auf den ersten Blick haben die Halligen im nordfriesischen Wattenmeer und die Insel Ukerewe im tansanischen Viktoriasee nicht viel gemeinsam. Doch eint die Bewohner beider Eilande die Sorge um den Klimawandel und damit einhergehend um ihre Zukunft in ihrem Zuhause.
„Klimaleugner gibt es hier keine“, sagt Pastorin Rugenstein, die die letzten vier Jahre auf der Kirchwarft auf Hallig Hooge gelebt hat. Sie hat schwere Stürme erlebt - bei einem Orkan stand das Nordsee-Wasser bis zur Oberkante an ihrer Warft.
Klimaschutz in der Nordkirche: Alle Informationen zu Strategie, Maßnahmen, Praxisbeispielen und technischem Fachwissen in unserem Klimaportal.
„Wie lange können wir noch wohnen bleiben auf unserem Land, alt werden auf unserem Land?“, fragt auch Pastor Matthias Krämer, der seit mittlerweile 30 Jahren auf der Hallig Langeneß zuhause ist.“
Beim Klimaschutz gehe es um nicht weniger als das Leben, "das wissen wir hier“, sagte er im Oktober im Gottesdienst anlässlich des Besuchs der Partnergemeinde aus Tansania.
Die Halligen Hooge, Langeneß und Oland sind ein Projektpartner von insgesamt sieben in der Nordkirche, die bei der Klimapartnerschaft „Church Climate Action Partnership“ (CCAP) mit Partner-Gemeinden in Tansania dabei sind.
Vom 29. September bis zum 14. Oktober haben 35 Partner:innen aus Tansania die Nordkirche besucht. Mehr über diese Begegnungsreise
Das Programm CCAP bringt die Parter:innen über ein gemeinsames Thema zusammen: Gemeinsam lernen die Gruppen in Tansania und Deutschland wie auf die Veränderungen durch den globalen Klimawandel reagiert werden kann und wie lokale Aktionspläne zum Klimaschutz entwickelt werden können.
Fünf Männer und Frauen aus Tansania waren jetzt zu Besuch auf den Halligen - 2025 soll der Gegenbesuch in Tansania stattfinden.
Projektkoordinatorin aus Tansania, Joygrace Shoo, ist mit auf die Hallig gereist, auch um zu übersetzen. Nicht alle Teilnehmer:innen sprechen Englisch. "Die Halligen sind ein sehr spezieller Ort, besonders beeindruckt hat mich der Besuch auf Oland. Dort leben nur 17 Bewohner, eine sehr nette Gemeinschaft. Wir genießen es sehr hier zu sein."
"Der Klimawandel betrifft uns alle"
Auch sie beschäftigt der Klimawandel und die Folgen für ihr Land und die Welt. "Wir erleben in unserer Heimat vor allem Trockenheit und Fluten, auch Erdrutsche. Menschen haben ihr Leben verloren. Die Jahreszeiten ändern sich. Hat es früher im Oktober verlässlich geregnet, bleibt der Regen jetzt aus. Das beeinflusst die Ernte. Je weniger geerntet wird, desto teurer werden die Lebensmittel. Der Klimawandel betrifft uns alle."
Aber sie berichtet auch von Projekten aus ihren Gemeinden im Kampf gegen den Klimawandel. So würde jetzt Regenwasser aufgefangen und gespeichert, die Nutzung von Solarenergie ausgebaut, denn Sonne ist ausreichend vorhanden. Und vor allem wird die junge Generation aufgeklärt.
"Wir haben Partnerschaften mit staatlichen Schulen, es finden Seminare zum Klimaschutz statt und Klima-Clubs an Schulen wurden gegründet. Viele unserer Gemeinden pflanzen Bäume. Unsere Konfirmanden pflanzen einen eigenen Baum zu ihrer Konfirmation", berichtet Shoo.
Auch Esekiel Manase ist die rund 6.900 Kilometer aus Tansania nach Deutschland gereist. Er ist Zuhause auf der Insel Ukerewe im Viktoriasee. Der Viktoriasee im Herzen Afrikas ist der größte Süßwassersee des Kontinents und der zweitgrößte der Welt. Ezekiel berichtet über die Folgen des Klimawandels für seine Heimat: "Wir sind durch den Klimawandel mit zahlreichen existentiellen Herausforderungen konfrontiert", so Manase.
Auf Ukerewe gehören Dürreperioden, Hitzewellen, Fluten und magerer Fischfang zu den Folgen des Klimawandels. Letzterer wird zudem stark durch Umweltverschmutzung beeinflusst. "Sich mit jemandem in einer ähnlichen Lage auszutauschen, ermutigt uns", sagt Manase über den Besuch in Deutschland.
Auch auf Ukerewe spielen Baumpflanzungen eine wichtige Rolle zur Stabilisierung des Bodens und zur Speicherung von Wasser und CO2.
"Wir auf Hooge haben in diesem Jahr die Winterkirche ausprobiert", erzählt Pastorin Rugenstein. Statt die große Kirche zu heizen, trifft die Gemeinde sich im Winter im Gemeindehaus zum Gottesdienst feiern. Zudem ist die Kirche auf Hooge als ökofaire Gemeinde zertifiziert.
Auf den Halligen wiederum wird beispielsweise auf Hooge eine „Winterkirche“ praktiziert, um Heizenergie einzusparen, und die Gemeinde Hooge hat sich als ökofaire Gemeinde zertifizieren lassen.
Jedoch sind lokale Anpassungen oft herausfordernd, wie im Gespräch mit Halligbewohnern deutlich wird: Wärmepumpen sind aufgrund der salzhaltigen Luft wenig praktikabel, Solaranlagen auf Reetdächern schwierig und Windräder im Nationalpark nicht zulässig.
Dennoch bleibt das Ziel, die alte Ölheizung der Langeneßer Kirche durch eine umweltfreundlichere Lösung zu ersetzen, ein wichtiges Vorhaben.
2026 folgt der Gegenbesuch der deutschen Delegation nach Tansania. Gemeinsam suchen die Partner aus Nord und Süd weiter nach Lösungen im Einsatz gegen den Klimawandel. Bis dahin bleiben sie online über Zoom im Austausch.