Weltklimakonferenz startet in Baku

Klimaschutz verbindet: Tansania und Norddeutschland im gemeinsamen Einsatz

Trotz Tausender Kilometer Entfernung stehen die Bewohner der Halligen und die Gäste aus Tansania vor ähnlichen Herausforderungen. Stürme und Überschwemmungen, Trockenheit und Erosion – der Klimawandel betrifft uns alle. Die Partnerschaft zwischen der Nordkirche und der Evangelisch-Lutherischen Kirche Tansanias zeigt, wie gemeinsames Engagement und Austausch über Grenzen hinweg Hoffnung und konkrete Lösungen bringen können.
Trotz Tausender Kilometer Entfernung stehen die Bewohner der Halligen und die Gäste aus Tansania vor ähnlichen Herausforderungen. Stürme und Überschwemmungen, Trockenheit und Erosion – der Klimawandel betrifft uns alle. Die Partnerschaft zwischen der Nordkirche und der Evangelisch-Lutherischen Kirche Tansanias zeigt, wie gemeinsames Engagement und Austausch über Grenzen hinweg Hoffnung und konkrete Lösungen bringen können.© Simone Viere

11. November 2024 von Simone Viere

Auf den ersten Blick haben die Halligen im nordfriesischen Wattenmeer und die Insel Ukerewe im tansanischen Viktoriasee nicht viel gemeinsam. Doch eint die Bewohner beider Eilande die Sorge um den Klimawandel und damit einhergehend um ihre Zukunft in ihrem Zuhause. 

„Klimaleugner gibt es hier keine“, sagt Pastorin Rugenstein, die die letzten vier Jahre auf der Kirchwarft auf Hallig Hooge gelebt hat. Sie hat schwere Stürme erlebt - bei einem Orkan stand das Nordsee-Wasser bis zur Oberkante an ihrer Warft.

Hildegard Rugenstein war vier Jahre lang Pastorin auf Hallig Hooge. In der Zeit hat sie zahlreiche Stürme und Landunter erlebt.© Simone Viere

„Wie lange können wir noch wohnen bleiben auf unserem Land, alt werden auf unserem Land?“, fragt auch Pastor Matthias Krämer, der seit mittlerweile 30 Jahren auf der Hallig Langeneß zuhause ist.“

Beim Klimaschutz gehe es um nicht weniger als das Leben, "das wissen wir hier“, sagte er im Oktober im Gottesdienst anlässlich des Besuchs der Partnergemeinde aus Tansania.

Die Weltklimakonferenz in Baku

Unter dem Eindruck von Temperaturrekorden und politischen Umbrüchen beginnt in Aserbaidschan am Montag, 11. November, die 29. UN-Klimakonferenz (COP 29). 

Tagungsort ist die Hauptstadt Baku. Bei dem Treffen vom 11. bis 22. November müssen sich die Staaten auf ein neues Ziel für die Unterstützung einkommensschwacher Länder bei der Bewältigung der Klimakrise einigen. Zudem wird beraten, wie die Bemühungen zum Schutz des Klimas beschleunigt werden können. 

Als Knackpunkt des zweiwöchigen Gipfels gilt der Streit über ein neues Klimafinanzierungsziel. Bisher hatten die Industriestaaten zugesagt, den Ländern des Globalen Südens jährlich 100 Milliarden US-Dollar für den Klimaschutz und die Anpassung bereitzustellen. Dieses Ziel gilt noch bis 2025. Die EU will, dass sich weitere Länder, darunter China und die Golfstaaten, beteiligen. 

Das übergreifende Ziel der internationalen Klimapolitik ist, die Erderwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit auf möglichst 1,5 Grad Celsius zu beschränken. Bisher reichen die Anstrengungen aber bei Weitem nicht aus. Das hat das UN-Umweltprogramm (Unep) berechnet. Selbst wenn alle Klimaschutzpläne der einzelnen Staaten umgesetzt werden, steuert die Erde auf eine Erwärmung von bis zu 2,6 Grad Celsius zu. Auch wurde in diesem Jahr die 1,5-Grad-Marke bereits in mehreren Monaten überschritten. (Quelle: epd)

Pastor Matthias Krämer (2. von lnks) ist nicht nur Seelsorger auf Langeneß, sondern auch zuständig für die Halligen Oland und Gröde. Hier zeigt er seinen Gästen aus Tansania Bilder vom Landunter, wenn die Nordsee die Hallig überflutet. © Simone Viere

Die Halligen Hooge, Langeneß und Oland sind ein Projektpartner von insgesamt sieben in der Nordkirche, die bei der Klimapartnerschaft „Church Climate Action Partnership“ (CCAP) mit Partner-Gemeinden in Tansania dabei sind.

Vom 29. September bis zum 14. Oktober haben 35 Partner:innen aus Tansania die Nordkirche besucht. Mehr über diese  Begegnungsreise

Das Programm CCAP bringt die Parter:innen über ein gemeinsames Thema zusammen: Gemeinsam lernen die Gruppen in Tansania und Deutschland wie auf die Veränderungen durch den globalen Klimawandel reagiert werden kann und wie lokale Aktionspläne zum Klimaschutz entwickelt werden können.

Hintergrund: 

Das Ökumenewerk der Nordkirche der Nordkirche und die East of Lake Viktoria-Diözese (ELVD) in Tansania haben eine neue Art von Partnerschaft auf der Basis des Themas Klimagerechtigkeit initiiert.

Gemeinsam werden die teilnehmenden Institutionen aus Tansania und der Nordkirche Wissen und Fähigkeiten zu Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel aufbauen. Ziel ist es, eigene Klimaaktionspläne auf Gemeindeebene in Tansania und Deutschland zu entwickeln und umzusetzen.

Alle Informationen zum Projekt auf der Seite des Ökumenewerks.

Die CCAP- Crew zu Gast auf Langeneß.© Simone Viere

Fünf Männer und Frauen aus Tansania waren jetzt zu Besuch auf den Halligen - 2025 soll der Gegenbesuch in Tansania stattfinden.

Projektkoordinatorin aus Tansania, Joygrace Shoo, ist mit auf die Hallig gereist, auch um zu übersetzen. Nicht alle Teilnehmer:innen sprechen Englisch. "Die Halligen sind ein sehr spezieller Ort, besonders beeindruckt hat mich der Besuch auf Oland. Dort leben nur 17 Bewohner, eine sehr nette Gemeinschaft. Wir genießen es sehr hier zu sein."

"Der Klimawandel betrifft uns alle"

Auch sie beschäftigt der Klimawandel und die Folgen für ihr Land und die Welt. "Wir erleben in unserer Heimat vor allem Trockenheit und Fluten, auch Erdrutsche. Menschen haben ihr Leben verloren. Die Jahreszeiten ändern sich. Hat es früher im Oktober verlässlich geregnet, bleibt der Regen jetzt aus. Das beeinflusst die Ernte. Je weniger geerntet wird, desto teurer werden die Lebensmittel. Der Klimawandel betrifft uns alle."

Aber sie berichtet auch von Projekten aus ihren Gemeinden im Kampf gegen den Klimawandel. So würde jetzt Regenwasser aufgefangen und gespeichert, die Nutzung von Solarenergie ausgebaut, denn Sonne ist ausreichend vorhanden. Und vor allem wird die junge Generation aufgeklärt.

"Wir haben Partnerschaften mit staatlichen Schulen, es finden Seminare zum Klimaschutz statt und Klima-Clubs an Schulen wurden gegründet. Viele unserer Gemeinden pflanzen Bäume. Unsere Konfirmanden pflanzen einen eigenen Baum zu ihrer Konfirmation", berichtet Shoo.

Pprojektkoordinatorin aus Tansania, Joygrace Shoo (Evangelical Lutheran Church in Tanzania / East of Lake Victoria Diocese).© Simone Vierre

Auch Esekiel Manase ist die rund 6.900 Kilometer aus Tansania nach Deutschland gereist. Er ist Zuhause auf der Insel Ukerewe im Viktoriasee. Der Viktoriasee im Herzen Afrikas ist der größte Süßwassersee des Kontinents und der zweitgrößte der Welt. Ezekiel berichtet über die Folgen des Klimawandels für seine Heimat: "Wir sind durch den Klimawandel mit zahlreichen existentiellen Herausforderungen konfrontiert", so Manase.

Auf Ukerewe gehören Dürreperioden, Hitzewellen, Fluten und magerer Fischfang zu den Folgen des Klimawandels. Letzterer wird zudem stark durch Umweltverschmutzung beeinflusst. "Sich mit jemandem in einer ähnlichen Lage auszutauschen, ermutigt uns", sagt Manase über den Besuch in Deutschland.

Auch auf Ukerewe spielen Baumpflanzungen eine wichtige Rolle zur Stabilisierung des Bodens und zur Speicherung von Wasser und CO2.

Der Fähranleger auf der Hallig Hooge.© Simone Viere

"Wir auf Hooge haben in diesem Jahr die Winterkirche ausprobiert", erzählt Pastorin Rugenstein. Statt die große Kirche zu heizen, trifft die Gemeinde sich im Winter im Gemeindehaus zum Gottesdienst feiern. Zudem ist die Kirche auf Hooge als ökofaire Gemeinde zertifiziert.

Gemeinsam Gottesdiennst feiern - auch das verbindet.© Simone Viere

Auf den Halligen wiederum wird beispielsweise auf Hooge eine „Winterkirche“ praktiziert, um Heizenergie einzusparen, und die Gemeinde Hooge hat sich als ökofaire Gemeinde zertifizieren lassen.

Jedoch sind lokale Anpassungen oft herausfordernd, wie im Gespräch mit Halligbewohnern deutlich wird: Wärmepumpen sind aufgrund der salzhaltigen Luft wenig praktikabel, Solaranlagen auf Reetdächern schwierig und Windräder im Nationalpark nicht zulässig.

Dennoch bleibt das Ziel, die alte Ölheizung der Langeneßer Kirche durch eine umweltfreundlichere Lösung zu ersetzen, ein wichtiges Vorhaben. 

2026 folgt der Gegenbesuch der deutschen Delegation nach Tansania. Gemeinsam suchen die Partner aus Nord und Süd weiter nach Lösungen im Einsatz gegen den Klimawandel. Bis dahin bleiben sie online über Zoom im Austausch.

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