Mehr als nur eine Zahl - Neuer Instagram-Account gedenkt der Corona-Verstorbenen
25. Januar 2021
Mit einem Account auf Instagram bietet der Hamburger Theologe Jakob Pape Angehörigen von Corona-Verstorbenen die Möglichkeit zum Trauern. Es ist ein öffentliches Trauergedenken und eine Form von digitaler Seelsorge.
Der Account ist zu finden auf Instagram unter #mehralsnureinezahl und auch bei TwitterSt. Andreas-Gemeinde Hamburg
Jeden Tag sterben Menschen an Corona. In den Nachrichten sind sie nur eine Zahl. Von den Menschen hinter dieser Zahl erzählt seit Dezember vergangenen Jahres der Instagram-Account "mehralsnureinezahl" des Theologen Jakob Pape, Vikar in der Hamburger St. Andreas Gemeinde in Harvestehude. Seit Januar ist er unter @MehralseineZahl auch auf Twitter aktiv.
Gemeinsam trauern
Die Kanäle bieten in den sozialen Medien allen Menschen einen Raum für öffentliches Gedenken. Gerade jetzt dürfe das gemeinsame Trauern nicht vergessen werden, sagt Pape. "Ich möchte, dass wir das nicht vergessen, wenn wir in unserem Krisen-Corona-Modus sind."
Pape ist bei diesem Gedenken wichtig, dass die Anonymität der Verstorbenen in den sozialen Medien gewahrt und gleichzeitig die Persönlichkeit sichtbar wird. "Das ist ein ziemlicher Spagat." Aus den Gesprächen mit Angehörigen gestaltet er eine Gedenk-Kachel. Auf grauem Grund mit weißer Schrift erscheint ein Vorname, ein Zitat oder Lebensmotto des Verstorbenen, dazu zwei Polaroids, die er passend für die Person aussucht.
Öffentliches Gedenken
Mehr als 30 Angehörige haben bisher mit ihm Schicksale geteilt und um einen öffentlichen Gedenk-Post auf dem Account gebeten. Zwar ohne Portrait des Verstorbenen, dafür mit HSV-Raute, der Lieblings-Eisenbahn oder einem Lebensmotto. Die Anonymität hat für Pape einen Grund: "Ich würde es ganz unangenehm finden, wenn in einem halben Jahr jemand kommt und seinen Onkel, seinen Vater oder seine Oma bei Instagram sieht - das aber selbst für sich nicht möchte."
Trauer teilen
Jakob Pape selbst stellt sich auf dem Account mit Namen vor. Er erklärt, dass er angehender Pastor ist, um authentisch und ansprechbar zu sein. Dadurch gibt er Angehörigen die Möglichkeit, mit ihm ins Gespräch zu kommen und ihre Trauer zu teilen. "Und das sind auch bis jetzt durch die Bank wirklich spannende Persönlichkeiten und berührende Geschichten, die ich da lesen darf." Es sind Einzelschicksale, die für ihn einen Zusammenhang haben und deutlich machen: Es gibt dieses Virus und daran sterben Menschen.
Seelsorge im Netz
Für den angehenden Pastor ist das Projekt nicht nur ein Herzensanliegen, sondern eine Form von Seelsorge. Außerdem ist das Angebot ein Signal für jeden, der gerade trauert: "Um es bei Insta zu sagen: Für alle Filterblasen ist Trauer gleich relevant und da soll sich niemand ausgeschlossen fühlen." Denn nur, weil es keine bundesweiten Gedenkveranstaltungen oder tägliche Schweigeminuten für diese Schicksale gibt, sind sie dennoch Realität.