Neue Fachstelle Inklusion: Lasst uns über unsere Haltung reden!
09. Dezember 2021
Seit diesem Winter gibt es die "Fachstelle zur Förderung von Vielfalt, Inklusion und Teilhabe" in der Nordkirche. Das Team aus fünf Leuten berät und begleitet Multiplikatoren und Fachkräfte in den Kirchenkreisen. Das Ziel: Eine Einladungskultur, die weit über die Schaffung von barrierefreien Zugängen hinausgeht.
Wer daran denkt, wie Inklusion realisiert werden kann, mag zuerst den Bau einer Rollstuhl-Rampe zum Gemeindehaus im Sinn haben. Doch Teilhabe wird durch so eine Maßnahmen nicht erzielt. Denn dafür braucht es weit mehr als bauliche Veränderungen, erklärt Diakon Jörg Stoffregen, der Teil des fünfköpfigen Fachstellen-Teams ist. Es braucht ein anderes Bewusstsein.
Veränderte Atmosphäre
"Ankommen, reinkommen, klarkommen" – mit diesen Schlagworten beschreibt er, mit welchen drei Baustellen Menschen zu kämpfen haben, die zum Beispiel aufgrund ihres Alters oder eines Handicaps nicht sehr mobil sind. Während die ersten beiden Herausforderungen noch mit Angebotenen wie einem Fahrdienst und einer Rampe gelöst werden können, braucht es bei der dritten eine Willkommensatmosphäre, die nicht mal eben schnell gemacht ist.
Und genau da wollen er und seine Kolleginnen und Kollegen ansetzen: Sie begleiten Kirchenkreise auf lange Sicht und unterstützen einen Wandel, der nicht nur die äußeren Bedingungen ändert, sondern auch die Kultur.
Beziehungen verbessern
"Inklusion heißt: Ich muss mich verändern, damit andere einen Zugang zu mir bekommen. Es geht nur zu 50 Prozent um Struktur. Die anderen 50 Prozent drehen sich um Haltung", sagt Stoffregen. Deshalb gehe es bei der Prozessberatung auch nicht um schnelle Lösungen, sondern immer wieder um Reflexion. "Wir liefern Impulse, wie Beziehungen verbessert werden können", beschreibt er seine Arbeit.
Aus dem Archiv: Inklusionspreis der Nordkirche
Dabei stehe nicht nur die Einbindung von Menschen mit Behinderungen im Fokus. "Eine Barriere kann auch sein, dass es an einem Gemeinschaftsort keinen Wickeltisch gibt. Wer das als Eltern erlebt, fühlt sich dort nicht willkommen", erklärt Stoffregen. Der Diakon leitete bereits das 2012 gegründete "Netzwerk Kirche inklusiv" und weiß: "Die regionale Unterschiede sind groß. Jedes Land hat seine eigenen Herausforderungen." Schaue man sich aber nur die strukturellen Problematiken an, scheitere der Kirchhofbesuch für viele Menschen schon daran, dass keine Toiletten vorhanden sind. Ebenso habe kaum eine Einrichtung eine barrierefreie Website.
Keine inklusiven Inseln
In ländlich geprägten Regionen komme hinzu, dass es so gut wie keine öffentlichen Verkehrsmittel gebe, die den Besuch von Kulturveranstaltungen für Menschen ohne Auto ermöglichen. "Die Kirche ist oft die letzte, die vor Ort noch etwas anbietet. Aber wir wollen keine inklusiven Inseln schaffen, sondern gesellschaftlich etwas voranbringen. Es geht darum, den Sozialraum mit allen Akteuren vor Ort zu gestalten", so der Diakon.
In der neuen Fachstelle sollen die Mitarbeitenden nun auch noch stärker regional angebunden sein. Für den Sprengel Hamburg und Lübeck ist mit einer halben Stelle Katrin Michnikowski (ehemals Wilzius) neu dazugekommen, für den Sprengel Schleswig und Holstein ist es (ebenfalls mit einer halben Stelle) André Delor. Die Diakonin und der Diakon bilden gemeinsam mit Pastorin Julia Rabel, Diakonin Dagmar Holtmann und Diakon Jörg Stoffregen (Sprengel Mecklenburg und Pommern) das Team der Fachstelle.