Bestattung

Neues Kolumbarium: Für eine ganz persönliche Erinnerungskultur

In dem alten Lübecker Speicher entsteht das überkonfessionelles Kolumbarium "Die Eiche". Es soll Raum für individuelle Gedenkformen geben.
In dem alten Lübecker Speicher entsteht das überkonfessionelles Kolumbarium "Die Eiche". Es soll Raum für individuelle Gedenkformen geben. © epd

29. Dezember 2020 von Nadine Heggen

Ein historischer Kornspeicher in Lübeck wird derzeit zum Kolumbarium umgebaut. Das Besondere: Angehörige können zwischen verschiedenen Grabkammern wählen und sogar persönliche Gegenstände der Verstorbenen ausstellen lassen.

Einst gehörte der Kornspeicher der Familie von Literaturpreisträger Thomas Mann, heute entsteht dort ein konfessionell unabhängiger "Gedächtnisspeicher". Mit ihm wollen die Gründer Michael Angern und Peggy Morenz die Toten aus der Anonymität holen. "Sie sollen nicht spurlos verschwinden, sondern etwas von ihnen soll bleiben", sagt Michael Angern.

Eröffnung im Frühjahr

Diese Idee will das Paar bei der Gestaltung der Urnenkammern mit maximaler Ästhetik kombinieren. Im März 2021 soll der Speicher, der den Namen "Die Eiche" trägt, eröffnet werden. 

Im Moment ist das siebenstöckige Backsteingebäude mit den grünen Fensterläden am Lübecker Hafen noch eingerüstet. Handwerker gehen ein und aus, ein Fahrstuhl wird eingebaut, der ursprüngliche Dielenboden freigelegt. Nach der Fertigstellung soll es im Erdgeschoss eine Trauerhalle mit 80 Sitzplätzen und eine kleine Kapelle geben. Von unten kann man in die oberen beiden Stockwerke gucken, die das Paar mit viel Liebe zum Detail ausstatten will.

Persönlicher als andere Kolumbarien

Anders als sonst in Kolumbarien üblich sind stilistisch unterschiedliche Räume vorgesehen. Neben einem Spiegelsaal ist eine Galerie geplant, mit Fotos der Toten auf den Türen für die Urnen. Auch eine Bibliothek mit historischen Urnen zum Mieten wird eingerichtet, sowie ein Vitrinenraum, in dem man persönliche Gegenstände der Toten ausstellen kann. Auf jeder Etage soll es Sitzgelegenheiten geben. 

"Das Kolumbarium soll kein trauriger, sondern ein positiver Ort werden, an dem man Trost findet", erklärt Peggy Morenz. So sind in der Trauerhalle auch kleine Lesungen und Abendmusiken geplant. Gleichzeitig greift das Paar einen Trend auf: Feuerbestattungen nehmen immer mehr zu. In Kolumbarien müssen Angehörige sich nicht um die Grabpflege kümmern, haben aber einen Ort zum Trauern.

Mit Tipps der Theologischen Fakultät

Das Paar hat sich für die Gestaltung des Speichers von verschiedenen Museen und Grabkulturen inspirieren lassen. Fachlich beraten wurden sie von der Theologischen Fakultät in Rostock. 

In Lübeck gibt es bislang zwei Kolumbarien. Unterhalb der Pamir-Kapelle in der Altstadtkirche St. Jakobi befinden sich 350 Urnenkammern. Auf dem Vorwerker Friedhof wurde eine nicht mehr benötigte Leichenhalle 2011 zu einem Kolumbarium umgebaut.

Vom IT-Spezialisten zum Grabstättenbauer

Vor sechs Jahren haben der IT-Spezialist und die Gestalterin den historischen Speicher an der Untertrave gekauft. Ursprünglich brauchte Michael Angern Platz für die Expansion seiner Software-Firma, die Bestattungsunternehmen als Kunden hat. Während eines Seminars über alternative Bestattungsformen kam dem Lübecker dann die Idee, den Speicher zu einem Kolumbarium umzubauen.

"Seitdem haben wir quasi rund um die Uhr an dem Konzept für den Speicher gearbeitet", sagt Angern, der seine IT-Firma inzwischen verkauft hat. Das Geld steckte er in den Umbau des Speichers, der im Frühjahr 2020 begann. 

Heilsarmee wird Träger

Insgesamt wird das Projekt eine siebenstellige Summe kosten. Träger soll die Heilsarmee werden. Die Erträge werden in eine noch zu gründende Stiftung fließen, die sich der Förderung von Bestattungskultur widmet. Dennoch betont das Paar, dass das Kolumbarium keinen elitären Charakter haben wird. Die Preisliste entspreche der eines normalen Friedhofs, so Peggy Morenz. "Grabstätten im Gemeinschaftsgrab sind für unter 2000 Euro zu bekommen."
 

Kolumbarien

In Deutschland finden sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts vermehrt Kolumbarien. Sie sind oft den Friedhöfen angegliedert – entweder als eigenständiges Gebäude oder als Teil der Friedhofsmauer. Zuvor waren Feuerbestattungen und damit auch die Urnenkammern eher ungewöhnlich. Neu ist diese Bestattungsform jedoch keineswegs: Schon im alten Rom gab es Kolumbarien. 

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