Ökumenisches Gedenken in Hamburg: Wir bitten um Trost und Frieden
19. März 2023
Mit einem ökumenischen Gedenken in der Hamburger Hauptkirche St. Petri haben am Sonntag, 19. März, mehrere hundert Menschen ihren Schmerz und ihre Trauer über die Amoktat vom 9. März zum Ausdruck gebracht. Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen, das Erzbistum Hamburg und die Evangelische Nordkirche hatten dazu eingeladen.
Die Amoktat, bei der acht Menschen starben und mehrere teils schwer verletzt wurden, ereignete sich in einem Haus der Zeugen Jehovas. Der Gedenkgottesdienst soll keine eigene Trauerfeier der Zeugen Jehovas ersetzen. Mit ihm sollen jedoch alle, die den Opfern nahestehen und Anteil nehmen, Trost und Fürsorge erfahren.
Wir bringen unseren Schmerz vor Gott
„Diese Gedenkfeier ist auch eine Möglichkeit, einmal alles rauszulassen und vor Gott zu bringen: Angst, Trauer, Fassungslosigkeit und Schmerz. Denn die Opfer waren ja auch Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt: Nachbarinnen und Nachbarn, Freundinnen und Freunde, Kolleginnen und Kollegen“ sagte Erzbischof Dr. Stefan Heße bei der Eröffnung des ökumenischen Gedenkens.
„Zum Glück können wir Christen unsere Anliegen im Gebet vor Gott bringen. Mir ist dabei wichtig, dass wir nach all dem Geschehenen die Hoffnung auf eine friedlichere Welt nicht aufgeben. Je unüberwindbarer die Schwierigkeiten und je düsterer die Aussichten auf Sicherheit und Frieden erscheinen, umso eindringlicher muss unser Gebet sein und umso mehr müssen wir in dieser Stadt zusammenstehen“, ergänzte Erzbischof Heße.
Gott war da – in den zupackenen Händen und empfindsamen Seelen
Bischöfin Kirsten Fehrs fragte in ihrer Predigt: „Wo bist du Gott? Wenn ein Amokläufer wahllos um sich wütet und schießt und Menschenleben auslöscht, wenn eine Stadt in Ausnahmezustand gerät und Angst um sich greift.“
Und sie antwortete den Besuchern des Gedenkens: „Für mich war Gott genau in Ihnen anwesend. In Ihnen, den Mitmenschen mit den rettenden Händen und rettenden Worten. In Ihnen, die mit so viel Mut eingegriffen haben. Die mit Herz und Hingabe Leib und Leben riskiert haben, um noch Schlimmeres zu verhüten. Gott war da – in Ihnen, die Wunden verbunden, Tote geborgen, Erschrockene umarmt, Nachbarn beruhigt haben. Polizisten, Kriseninterventionsteams, Sanitäter, Ärztinnen, Notfallseelsorger. So beeindruckend professionell Sie alle - ja, aber doch auch mit einer Seele, die empfindsam ist.“
„Möge nicht das Böse das letzte Wort haben, sondern die Liebe“
Bischöfin Fehrs sagte weiter: „Wir werden viel Kraft brauchen, auch in den nächsten Wochen und Monaten und Jahren. So viel Gewalt, so große Schuld lässt sich nur ganz allmählich erfassen und bewältigen. Und es ist eine gigantische Aufgabe, dass wir als Gesellschaft die Wahnwelten, die solche Täter sich bauen, rechtzeitig erkennen - um ihnen entschlossen entgegenzutreten und um uns und unsere Freiheit zu schützen.“
Sie appellierte an alle, zusammenzustehen und sich gegenseitig zu stärken. Sie bat: „Möge dieser Trost unsere Herzen erreichen und neue Kraft geben. Indem wir hier und heute abgeben, was uns innerlich belastet. Unser ohnmächtiges Warum und unsere verzweifelte Klage. Und indem wir – gemeinsam – das Vertrauen und den Glauben in uns stärken, dass das Böse nicht das letzte Wort haben wird. Sondern die Liebe.“
Während des Gedenkens wurden vier Kerzen entzündet: Je eine für die Betroffenen und die Opfer, für die Einsatzkräfte, für die Nachbarschaft und für den Frieden.
Für diese drei Personengruppen und den Frieden wurden auch die Fürbitten gehalten. Vorgetragen wurden sie von Notfallseelsorger Lutz Neugebauer (Erzbistum Hamburg), Polizeiseelsorger Patrick Klein (Nordkirche), Pastor Pavlo Vorotnjak (Pfarrei Heilig Geist), Pfarrerin Katri Oldendorff (Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen).
Carola Veit und Peter Tschentscher unter den Gottesdienstbesuchern
Unter den Teilnehmenden des ökumenischen Gedenkens waren unter anderem die Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft Carola Veit, der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg Dr. Peter Tschentscher, die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank, der Senator für Inneres und Sport Andy Grote sowie Polizeipräsident Ralf Martin Meyer. Dazu weitere Senatorinnen und Senatoren der Freien und Hansestadt Hamburg sowie Abgeordnete des Deutschen Bundestages und Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft.