Bischöfin Steen kocht für Bedürfte

Prominente servieren ein Weihnachtsessen für Menschen in Not

"Wo immer Menschen sich entscheiden, den Nächsten aus ihrem Umfeld Türen zu öffnen, wird die Not etwas kleiner," sagt Bischöfin Nora Steen und engagiert sich mit Gesa Kitschke und Serpil Midyatli bei einem Weihnachtsessen der Kieler Anker GmbH.
"Wo immer Menschen sich entscheiden, den Nächsten aus ihrem Umfeld Türen zu öffnen, wird die Not etwas kleiner," sagt Bischöfin Nora Steen und engagiert sich mit Gesa Kitschke und Serpil Midyatli bei einem Weihnachtsessen der Kieler Anker GmbH.© Antje Wendt, Nordkirche

23. Dezember 2024 von Antje Wendt

Hundert Mittagsmahlzeiten zu kochen gehört nicht unbedingt zu den Aufgaben einer Bischöfin. Doch für einen besonderen Anlass und einen guten Zweck hat sich Nora Steen am 21.12. die Kochschürze umgebunden und kräftig mit angepackt, um gemeinsam mit anderen Prominenten ein leckeres Essen für bedürftige Menschen in Kiel-Gaarden zuzubereiten und auszuteilen.

Die Kieler Anker GmbH hat es sich zur Aufgabe gemacht, hilfebedürftige Personen in Kiel bei der Überwindung von Armut und sozialer Ausgrenzung zu unterstützen. Besonders Menschen in materieller Not, in seelischer Bedrängnis und in sozial ungerechten Verhältnissen nimmt sich die GmbH an.

Unterstützung für Menschen in Not

Zu ihren Angeboten gehört auch eine tägliche, gesunde und warme Mahlzeit für Menschen in Kiel, die sie gegen einen geringen Obolus erhalten. Doch nicht nur die Mahlzeit, auch die Gemeinschaft und die sozialen Kontakte sind bei diesem Angebot von Bedeutung.

Die Außenansicht einer alten Eckkneipe. Die Mauern sind bunt bemalt.
Der Trinkraum in der Kieler Kaisertraße, "Kieler Anker", war früher eine typische Eckkneipe. Diesen Charme hat sich die Einrichtung bewahrt. Außen zeugt die bunte Fassadenbemalung von dem besonderen Charakter dieser Räume. © Antje Wendt, Nordkirche

Prominente schwingen den Kochlöffel

Ein besonderer Höhepunkt in der Vorweihnachtszeit ist eine Kochaktion, die von der Politikerin Serpil Midyatli (SPD) und der Gastronomin Yuen Chi Kwong (YUMMY Kiel) ins Leben gerufen wurde. Sie spenden die Zutaten und stellen die professionelle Küche im Saal- und Gastrobetrieb Mega Saray in Kiel-Gaarden zur Verfügung.

Neben Gesa Kitschke (Geschäftsführerin der Diakonie Altholstein) und Semra Basoglu (Diakonie Altholstein) ist in diesem Jahr auch Bischöfin Nora Steen dabei, um den Kochlöffel zu schwingen.

Frauen mit Schürzen stehen um einen Metalltisch mit großen, mit Essen gefüllten Töpfen.
Das Koch-Team mit den gefüllten Töpfen: Yuen Chi Kwong (Gastronomin), Bischöfin Nora Steen, Gesa Kitschke (Geschäftsführerin der Diakonie Altholstein), Kerstin Sievertsen (Ehrenamtliche), Serpil Midyatli (Landesvorsitzende der SPD Schleswig-Holstein) und Semra Basoglu (Diakonie Altholstein) (v.l.n.r.).

© Antje Wendt, Nordkirche

Um all die Zutaten, die Serpil Midyatli und Semra Basoglu am Tag zuvor bei einem Rieseneinkauf besorgt hatten, rechtzeitig zuzubereiten, geht es schon früh am Sonnabendmorgen mit dem Schneiden und Zerkleinern los: Paprika, Champignons, Zwiebeln und Putenfleisch sollten zu einem köstlichen Geschnetzelten verarbeitet werden.

Als Chefköchin gibt Serpil Midyatli ihre Anweisungen, während Yuen Chi Kwong die wichtigen Insidertipps für den perfekten Geschmack beisteuert. Um 11.30 Uhr sind alle Töpfe mit der appetitlichen Gemüse-Puten-Mischung gefüllt und werden wenige Straßen weiter in den Trinkraum „Kieler Anker“ gebracht.

Drei Frauen verladen Töpfe in ein Auto
Von der Küche des "Mega Saray" musste das warme Essen zum Trinkraum in der Kieler Kaiserstraße gebracht werden.© Antje Wendt, Nordkirche

Eine leckere Mahlzeit in Gemeinschaft

So gut wie alle Plätze an den Tischen im Schankraum der ehemaligen Eckkneipe sind schon besetzt, als das Austeilen der Mahlzeiten beginnt. Zuvor wurde noch ein gemeinsames Lied gesungen und ein Tischgebet gesprochen – nicht ganz textsicher, aber mit Inbrunst und kräftiger Stimme.

Kieler Anker als zweites Zuhause 

Es sind Menschen wie Herr M. oder Herr S., die schon bei einem Getränk am Tisch sitzen, Weihnachtskekse knabbern und sich auf das Essen freuen. Sie betrachten den Trinkraum als eine Art zweites Zuhause.

Ein Gruppe von Frauen mit Schürzen singen Gästen in einem Kneipenraum
Vor dem Essen wurde gemeinsam "Oh du fröhliche" angestimmt.© Antje Wendt, Nordkirche

Herr K. lässt sich eine Mahlzeit für später einpacken. Er erzählt dankbar, dass sich hier jeder so lange aufhalten könne, wie er möchte – ohne Druck oder Zwang. „Wenn ich ein Gespräch führen möchte oder ein Problem habe, finde ich hier Menschen, die Zeit zum Zuhören haben. Das ist viel wichtiger als Menschen, die mich mit einer schnellen Lösung abfertigen wollen.“

„Es ist schlimm, wenn man nicht gewollt wird"

Herr K. hat bereits die Erfahrung gemacht, wie es ist, auf der Straße zu leben. „Es ist schlimm, wenn man nicht gewollt wird und die Menschen einen am liebsten übersehen möchten.“

Hier im Trinkraum „Kieler Anker“ und auch im zweiten Trinkraum in der Kieler Innenstadt sei das anders. „Hier zu sein und als Mensch gesehen zu werden statt nur als der Obdachlose oder der Alkoholkranke, tut gut,“ sagt Herr K.

Menschen sitzen in einer Kneipe rund um einen Tisch und haben gefüllte Teller vor sich
Etliche Stammgäste ließen sich auch heute die leckere warme Mahlzeit schmecken. "Hier fühlen wir uns immer willkommen," erzählen sie. © Antje Wendt, Nordkirche

Mittlerweile haben die ersten Besucherinnen und Besucher ihre Mahlzeit beendet. Einige bleiben gerne noch in Gemeinschaft sitzen, genießen die weihnachtliche Stimmung, lachen, erzählen – trotz Stimmengewirr, Zigarettenrauch und geschäftigem Kommen und Gehen. Denn die Plätze, die frei werden, besetzen schnell weitere Gäste, die von draußen nachkommen.

An diesem kalten, feuchten Dezembermorgen sind es viele, die draußen in den Eingängen der umliegenden Supermärkte und an Straßenecken sitzen, manche mit ihren Habseligkeiten dabei.

zwei Frauen halten eine mit Unterschriften beschriebene Klappkarte hoch
Serpil Midytli und Kerstin Sievertsen, eine weitere Unterstützerin, freuen ich über die Dankeskarte.© Semra Basoglu, Diakonie Altholstein

Dankbarkeit für eine tolle Aktion

Drinnen geht unterdessen unbemerkt eine Klappkarte von Tisch zu Tisch und füllt sich mit zahlreichen Unterschriften: Der Dank der Gäste an die Gastgeberinnen. Serpil Midyatli und ihre Mitstreiterinnen nehmen die Karte entgegen und freuen sich über die schöne Überraschung. Ihre Weihnachtsaktion, die sie in diesem Jahr zum vierten Mal durchgeführt haben, stößt auf große Dankbarkeit. Und deshalb wird diese Aktion auch nicht die letzte gewesen sein.

Vor allen in dieser Zeit des Jahres ist es wichtig, Zusammenhalt auch zu leben und alle zu unterstützen, die auf Hilfe angewiesen sind. Serpil Midyatli

"Die Finanzierung erfolgt zu 100 % über Spenden. Ohne das Engagement der privaten Unternehmen und Personen würden viele Menschen in Kiel keine warme Mahlzeit erhalten", ergänzt Gesa Kitschke.

Anmerkung der Redaktion: Einige Namen sind zum Schutz der Personen anonymisiert.  

Informationen über die Kieler Anker GmbH

Zum 1. Januar 2021 nahm die gemeinnützige Gesellschaft „Kieler Anker“ ihre Arbeit auf. Gesellschafter sind die Diakonisches Werk Altholstein GmbH (80 %) und HEMPELS e.V. (20 %). Beide Gesellschafter sind seit über 25 Jahren in der Region in der Wohnungslosen- und Obdachlosenhilfe aktiv und bündeln für Kiel ihre Erfahrungen und Kompetenzen, um gemeinsam den steigenden Anforderungen in dieser Arbeit gerecht zu werden.

Der Kieler Anker führt den Sozialdienst, die Treuhandverwaltung, die Küche mit dem Mittagstisch, die Trinkräume in der Schaßstraße und in Gaarden sowie die sozialen Straßenführungen.

In der Küche in der Kieler Schaßstraße werden täglich bis zu 130 günstige Mahlzeiten für Mittagstische in ganz Kiel hergestellt. Menschen aus dem Umfeld werden in der Küche beschäftigt und durch ein vielfältiges Team von Ehrenamtlichen unterstützt. Ausgangsprodukte für die Speisen sind gespendete Lebensmittel.

Damit das Angebot weiterhin aufrechterhalten werden kann, ist der Kieler Anker auf Spenden von Unternehmen und Privatpersonen angewiesen.

Der Kieler Anker - ein Ankerplatz  für Menschen, deren Leben stürmisch ist.

 

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