Glasmaler im Porträt

So restauriert ein Glückstädter alte Kirchenfenster

Glasmalermeister Bernhard Loers bei der Arbeit
Glasmalermeister Bernhard Loers bei der Arbeit© Svenja Engel / Evangelische Zeitung

10. Juli 2015 von Timo Teggatz

Glückstadt. Bernhard Loers restauriert alte Kirchenfenster, mit Fingerspitzengefühl und viel Erfahrung. Der 54-Jährige ist Schleswig-Holsteins einziger Glasmalermeister, seine größte Arbeit hängt heute in einem Berliner Museum und zeigt eine historische Persönlichkeit.

Vorsichtig schiebt Bernhard Loers (54) das schwarze Messer unter das Bleinetz. Es verbindet die einzelnen Buntglasfensterfragmente zu einem großen Kirchenfenster. Damit das Gefüge vor Regenwasser geschützt ist, wird das Bleinetz mit Leinölkreidekitt abgedichtet. „Der Kitt ist nun porös geworden und muss ausgetauscht werden“, erklärt Bernhard Loers, während er konzentriert die graue, pulvrige Masse unter der schmalen Bleifassung hervorkratzt. Mit einem langen Pinsel bürstet er die letzten Krümel hervor und saugt sie anschließend mit einem Absauger weg.

Bernhard Loers schiebt seine silberne Nickelbrille etwas hoch und betrachtet zufrieden sein Werk. „Ich hab auch schon Sikomastik oder Zement unter dem Blei gefunden“, sagt der Handwerker. „Bausünden von Handwerkern, die sich nicht mit historischen Fenstern auskennen.“ Beim Entfernen dieser ungeeigneten Materialien wird viel vom historischen Glas oder Bleinetz zerstört. Für Bernhard Loers ist so ein „Pfusch“ mehr als ärgerlich: „Da haben die Fenster zwei Kriege überstanden und dann so was.“

Er zieht alle Register

Das Fenster auf seinem Werktisch stammt aus der Bonifatiuskirche in Schenefeld. Es ist 109 Jahre alt und wird wieder seine ursprüngliche Abdichtung mit Leinölkreidekitt erhalten. Ein Werkstoff, den es nicht im Baumarkt gibt. Er bestellt das Material dafür bei einem Spezialhändler und rührt die grau-beige Masse selber an – aus Überzeugung: „Leinölkreidekitt hat sich über 100 Jahre bewährt und ist historisch authentisch.“

Bei der Farbe greift Bernhard Loers sogar auf fünf Jahrhunderte Erfahrung zurück: Er verwendet Schwarz- und Braunlot. Dafür vermischt er farbiges Pulver mit einem Essig-Wassergemisch. Die sämige Masse trägt er mit einem feinen Pinsel auf. Im Brennofen wird die Farbe bei 600 Grad in das Glas eingebrannt. Für eine antik aussehende Patina wischt der Glasmaler die historische Farbe mit einem sogenannten "Dachshaarvertreiber", einem breiten Pinsel, auf das Glas. Um Konturen auf Gesichtern erzielen zu können, reibt er die Patina an einigen Stellen mit dem Handballen wieder etwas dünner. Akzente setzt Bernhard Loers mit einem ganz herkömmlichen Gänsekiel. „Als Glasmaler kann man alle Register ziehen, die man so drauf hat“, sagt der 54-Jährige. „Für mich gibt es keinen schöneren Beruf.“

Ein Beruf, den Bernhard Loers Ende der 70er-Jahre in Köln erlernte. Damals leitete sein Vater als Stadtplaner Fenstersanierungsarbeiten an einer romanischen Kirche. Bernhard Loers durfte ihn begleiten – und hatte sofort ein Praktikum bei Deutschlands erster Glasmalermeisterin in der Tasche. Im Gegensatz zu heute war der Beruf des Glasmalers 1978 eine reine Männerdomäne.

Kaiser Wilhelm I. – restauriert in Glückstadt

Wenige Monate nach dem Schulabschluss begann Bernhard Loers bei der Glasmalermeisterin seine dreijährige Ausbildung. In Zwiesel im Bayerischen Wald absolvierte der Geselle 1985 die Meisterschule. Dort lernte er auch seine Ehefrau Martina (47), gelernte Feinoptikerin und gebürtige Glückstädterin, kennen. 1992 machte sich Bernhard Loers dann mit einer eigenen Werkstatt in Glückstadt selbstständig.

Loers arbeitet in ganz Schleswig-Holstein und Hamburg. 90 Prozent seiner Auftraggeber sind Kirchen, seine größte Herausforderung stammte jedoch aus einem ganz anderen Metier: ein auf Glas gemaltes Bildnis Kaiser Wilhelms I. aus dem ehemaligen Kieler Schloss. Ein Privatsammler hatte das 3,40 mal 2 Meter große Fenster an das Deutsche Historische Museum Berlin verkauft und ließ es vorher von Loers restaurieren – eine Arbeit, die den Glasmaler heute noch mit Stolz erfüllt: „Es fehlte ein großes Stück Glas, und ich musste diese Fläche anhand eines alten Bildes rekonstruieren.“

Wenn Andere komisch gucken

Drei Monate arbeitete er an dem Fenster, noch heute hängt ein großes Foto von dem fertigen Werk an der Wand neben seinem Werktisch. Bernhard Loers tritt etwas dichter an das Bild heran und betrachtet es nachdenklich. Ein Grinsen zieht sich über sein Gesicht. „Vor drei Jahren waren wir in dem Museum in Berlin“, sagt er amüsiert. „Wir klebten natürlich mit unseren Nasen direkt am Fenster, und die anderen Leute haben uns komisch angesehen.“

Von solchen Reaktionen lässt sich Bernhard Loers aber nicht beirren. Wenn er mit seiner Familie einen Ausflug macht, fährt er immer gern einen kleinen Umweg zu Kirchen, in denen sich ein von ihm restauriertes Fenster befindet. Und wenn dieses Fenster einmal nicht auf Nasenhöhe sein sollte, betrachtet er es eben von unten. Für Bernhard Loers ist der Beruf des Glasmalers nach wie vor ein Traumberuf: „Es ist schon etwas Besonderes, wenn man mit seiner Hände Arbeit Kulturgüter erhalten kann.“

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