„Unsere Inseln versinken, aber noch sind wir da!“
17. Februar 2022
Der Inselstaat Kiribati im Pazifik könnte nach Ansicht der Vereinten Nationen in wenigen Jahrzehnten versunken sein. Schuld ist der menschgemachte Klimawandel. Doch wie lebt es sich angesichts dieser düsteren Aussicht dort? Dr. Tioti Timon, Leiter der theologischen Hochschule Kiribati, berichtet welche Auswirkungen der steigende Meeresspiegel auf das Zusammenleben hat.
33 Inseln entlang des Äquators bilden diesen Staat im Pazifik. Die Küsten Kiribatis erheben sich ungefähr zwei Meter über den Meeresspiegel. Steigt er infolge des Klimawandels weiter an, wird von den Atollen nicht viel übrig bleiben.
Die Gefahr ist real – und beeinflusst das ganze Leben auf der Insel, berichtet Dr. Tioti Timon, Leiter der theologischen Hochschule Kiribati. „Im Pazifik leben wir auf unseren Inseln als Gemeinschaft. Dabei spielt das Teilen in der Gemeinschaft eine wichtige Rolle und ist Teil unserer Lebensweise. Jetzt, da die Menschen mit dem eigenen Überleben konfrontiert sind, beeinflusst das natürlich diese Kultur des Teilens.“
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Diese Kulturveränderung wird besonders da sichtbar, wo Menschen innerhalb der Inselgemeinschaften umgesiedelt werden, da einige Orte bereits nicht mehr bewohnbar geworden sind:
„Der knapper werdende Lebensraum zwingt die Menschen, dichter zusammen zu rücken. Familien aus Küstenregionen ziehen in andere, sicherer liegende Gemeinden. Die bereits dort Lebenden haben Angst um die vorhandenen Ressourcen die Zugezogenen sind nicht willkommen. Damit wird auch unsere kulturelle Lebensweise durch den knapper werdenden Lebensraum beeinflusst.“
Landwirtschaft auf den Inseln wird schwieriger
Diese Entwicklung stellt eine große Herausforderung für Politik und Kirche dar: „Jetzt helfen die Regierung und die Kirche unserem Volk, indem sie unsere Bevölkerung aufklären, wie sie sich an die Herausforderungen anpassen und ihren betroffenen Brüdern und Schwestern entgegenkommen kann.“
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Die wichtigsten Einnahmequellen im Land liegen in Fischerei und Landwirtschaft, eine weitere immer mehr an Bedeutung gewinnende Arbeit liegt in der internationalen Seefahrt.
„Die häufigen Überschwemmungen der küstennahen Regionen, und eigentlich sind das nahezu alle Inseln, bedrohen die Landwirtschaft und ganz besonders die Süßwasserquellen des Landes, die die Menschen mit Trinkwasser versorgen,“ erzählt Dr. Tioti Timon und ergänzt: „Auf der Hauptstadtinsel verwenden wir jetzt Wasserauffangbecken anstelle der Frischwasserversorgung, die aus anderen Quellen auf der Hauptstadtinsel geliefert wird, aber die meisten Inseln leben mit Wasser, das aus Brunnen entnommen wird, und das ist mittlerweile ein großes Problem.“
Junge Menschen werden auf Migration vorbereitet
Der Klimawandel gefährdet das Leben auf den Inseln ganz real – Die Weltbank befürchtet, dass Kiribati bereits 2050 nicht mehr bewohnt werden kann. Die Regierung hat aus diesem Wissen Konsequenzen gezogen: Migration gilt mittlerweile als positive politische Lösung im Kontext des Klimawandels. Deshalb wurde die Bildung in Kiribati – insbesondere die technische und berufliche Bildung – auf ein internationales Niveau gebracht, das speziell darauf ausgerichtet ist, die jüngere Generation für eine mögliche Migration zu rüsten.
Dies geschieht, um sicherzustellen, dass die Menschen mit Würde und den erforderlichen Fähigkeiten zur Arbeit migrieren können. Nicht als Flüchtlinge, sondern als Einwanderer mit Fähigkeiten, sollen sie angesehen werden. Es sind Menschen, die einen Platz in der Gemeinschaft haben, Menschen, die nicht als Bürger zweiter Klasse gelten.
Unser Leiden verdeutlicht globale Verantwortung
Gefragt, was Dr. Timon der Nordkirche mitgeben möchte, sagt er: „Was wir erleben, wie wir unter dem Klimawandel leiden und wie wir uns fühlen ist eine Realität. Das könnte auch für diejenigen Realität werden, die an Orten leben, an denen sie dieses Leiden noch nicht spüren konnten. Die Leiden meines Volkes könnten von unseren Brüdern und Schwestern an Orten wie Ihrer Synode auf- und wahrgenommen werden, um deutlich zu machen, dass wir alle, international und global aufgefordert sind, uns dem Klimawandel entgegen zu stellen.“