Gedenktag am 9. November

Zeichen der Versöhnung: Fünf Hamburger Hauptkirchen treten der Nagelkreuzgemeinschaft bei

Das Nagelkreuz in der Hamburger Hauptkirche St. Katharinen. Diese Hauptkirche ist bereits seit 1961 Mitglied der Internationalen Nagelkreuzgemeinschaft von Coventry.
Das Nagelkreuz in der Hamburger Hauptkirche St. Katharinen. Diese Hauptkirche ist bereits seit 1961 Mitglied der Internationalen Nagelkreuzgemeinschaft von Coventry. © Hauptkirche St. Katharinen

06. November 2024 von Claudia Ebeling

Das Nagelkreuz der Kathedrale Coventry ist zu einem Symbol der Versöhnung von Kriegsgegnern und des Friedens geworden. Weltweit sind Kirchen und Gemeinden verschiedener Konfessionen mittlerweile der Internationalen Nagelkreuzgemeinschaft beigetreten. Am 9. November werden es auch alle fünf Hamburger Hauptkirchen sein.

Frieden in Europa war jahrzehntelang selbstverständlich. Die Einigung und das Zusammenrücken Europas galten als Friedensprojekt und schienen unumkehrbar.

Doch spätestens seit dem russischen Überfall der Ukraine hat sich diese Gewissheit verändert. Eine militärische Auseinandersetzung auf unserem Kontinent ist plötzlich denkbar. Die Vision von einem geeinten Europa, das Sicherheit und Freiheit garantiert, wird seit dem Brexit und dem Erstarken von europafeindlichen Parteien in allen Nationen angezweifelt.

Einsatz für Frieden und Versöhnung stärken

Die Hamburger Hauptkirchen werden nun gemeinsam Mitglieder der Internationalen Nagelkreuzgemeinschaft von Coventry sein. "Die Versöhnungsbotschaft von Coventry bestimmt unsere Arbeit in vielfältiger Weise", erläutert Pastor Martin Vetter von der Hauptkirche St. Nikolai.

In der Kathedrale von Coventry: Von links nach rechts: Pastor Alexander Röder, John Julian Witcombe, Dean of Coventry, Pastorin Astrid Kleist, Pastorin Ulrike Murmann, Pastor Martin Vetter, Pastor Jens-Martin Kruse.
Im Herbst 2023 sind die Pastorinnen und Pastoren der Hamburger Hauptkirchen gemeinsam nach Coventry gepilgert, um die Aufnahme der Kirchen in die Internationale Nagelkreuzgemeinschaft vorzubereiten. Von links nach rechts: Pastor Alexander Röder, John Julian Witcombe, Dean of Coventry, Pastorin Astrid Kleist, Pastorin Ulrike Murmann, Pastor Martin Vetter, Pastor Jens-Martin Kruse.© St. Nikolai

In einer säkularen Gesellschaft sei es besonders wichtig, sich für Frieden und Versöhnung zwischen Nationen, Kulturen und Religionen einzusetzen - sei es durch ökumenische Gottesdienste, Musik oder Gesprächsangebote.

Gemeinsam wollen die Hamburger Hauptkirchen nun ein Netzwerk sein, das gemeinsam mit staatlichen und anderen zivilgesellschaftlichen Akteur:innen in der Stadt den "Geist der Botschaft von Coventry" stärkt.

Das Nagelkreuz im Baptisterium der Hauptkirche St. Nikolai in Hamburg.
Die Hamburger Hauptkirche St. Nikolai baute schon um 2000 Kontakte zur Nagelkreuzgemeinschaft in Coventry auf. Ein Nagelkreuz ist ihr anlässlich ihres 800jährigen Kirchjubiläums verliehen worden. „Die Verbindung zu Coventry ist für St. Nikolai verknüpft mit der eigenen Herkunft“, erklärt Hauptpastor Dr. Martin Vetter, „denn die Zerstörung von Alt-St. Nikolai im Zweiten Weltkrieg prägte maßgeblich das Geschick unserer heutigen Hauptkirchengemeinde.“© Katja Schormann, St. Nikolai

Partnerschaften in Europa stehen für Versöhnung

"Als Kirchen wollen wir auch heute das Miteinander in Europa stärken", berichtet Pastorin Zanda Ohff, Europareferentin im Ökumenewerk der Nordkirche. Sie beobachtet, dass die Themen Frieden und Versöhnung in allen Begegnungen eine wichtige Rolle spielen.

Menschen auf der Demo mit bunten Plakaten
Großdemonstration in Hamburg vor der Europawahl 2024: Wir stehen gemeinsam für unsere Demokratie ein - Rechtsradikalismus ist nicht mit unserem Glauben und der Menschenwürde vereinbar. © Claudia Ebeling, Nordkirche

Deutschland und England waren einst verfeindete Nationen

Deswegen sind auch gemeinsame Rituale und Erinnerungen wichtig, gerade mit den Partnerdiözesen in England: Zum "Remembrance Day", an dem in England an das Ende des Ersten Weltkriegs gedacht wird, werden Geistliche aus der Nordkirche eingeladen. Und am Volkstrauertag predigen häufig Gäste aus England in der Nordkirche.

Deutschland und England waren jahrzehntelang verfeindete Nationen. Es war 1940 der Dompropst von Coventry, der angesichts seiner von deutschen Bombern zerstörten Kathedrale zur Versöhnung aufrief. Und so nahm im britischen Coventry die Geschichte der Nagelkreuzgemeinschaft ihren Anfang.

Angriff auf Coventry 1940

Am 14. November 1940 flog die deutsche Luftwaffe des NS-Regimes nicht ihren ersten, aber den folgenreichsten Angriff auf die Stadt rund 150 Kilometer nordwestlich von London. Spreng- und Brandbomben töteten Hunderte Menschen, unzählige Wohnungen sowie die Industrieanlagen der Stadt wurden zerstört - und auch die mittelalterliche Kathedrale.

Dompropst Richard Howard rief in seiner darauffolgenden Weihnachtsbotschaft zur Versöhnung auf. Nicht Hass, sondern der gemeinsame Einsatz für den Frieden sollten die Zukunft prägen. Drei große Zimmermannsnägel aus dem Dachstuhl der zerstörten Kathedrale ließ er bergen und als Kreuz zusammensetzen. Das Versöhnungs- und Friedenszeichen Nagelkreuz war erschaffen.

Ruinen der Kathedrale von Coventry
Am 14. November 1940 wurde die St. Michaels-Kathedrale von Coventry bei einem Bombenangriff der deutschen Luftwaffe fast vollständig zerstört. Nur der Kirchturm und die äußeren Wände blieben erhalten. Bis heute sind diese Ruinen ein gottesdienstlich genutzter Ort. © matthew-pearce-eCVEIXafj68-unsplash

Nagelkreuzzentren in der Nordkirche

Kirchengemeinden verschiedener Konfessionen und ökumenische Gruppen weltweit können sich der Gemeinschaft anschließen und Nagelkreuzzentrum werden. Gefertigt wird das Nagelkreuz, das meist im Rahmen einer Zeremonie feierlich vergeben wird, in der JVA Würzburg.

Hintergrund: Wer gehört in der Nordkirche zur Nagelkreuzgemeinschaft

Sprengel Hamburg und Lübeck: Hauptkirche St. Katharinen, Mahnmal St. Nikolai, St. Marien zu Lübeck

  • Neu: Hamburger Hauptkirchen St. Michaelis, St. Jacobi, St. Nikolai und St. Petri

Sprengel Schleswig und Holstein: Offene Kirche St. Nikolai in Kiel

Sprengel Mecklenburg und Pommern: Kirchengemeinde Demmin, Kirchengemeinde Kloster/Hiddensee, Innenstadtgemeinde Rostock, St. Marien Stralsund, Pfarramt Krummin-Karlshagen-Zinnowitz

Die offizielle Aufnahme der vier weiteren Hamburger Hauptkirchen in die Gemeinschaft erfolgt am 10. November (11 Uhr) in einem Gottesdienst in St. Katharinen. Diese Hauptkirche ist bereits seit 1961 Mitglied. Am dem gesamten Wochenende sind feierliche Veranstaltungen rund um die Aufnahme geplant.

Reverend Mary Gregory von der Coventry Cathedral wird die Predigt halten und gemeinsam mit Oliver Schuegraf, Landesbischof der evangelischen Landeskirche Schaumburg-Lippe und Vorsitzender der Nagelkreuzgemeinschaft in Deutschland, die Nagelkreuze übergeben.

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