„Geflüchtete sollen sich aufgehoben fühlen“
24. März 2022
Hunderte Menschen aus der Ukraine haben bereits Zuflucht in und um Lübeck gesucht. Zahlreiche Kirchengemeinden wollen den Frauen, Kindern und Männern helfen und öffnen ihre Gemeindehäuser und Kirchen als Orte sozialer Begegnungen.
Vor vier Wochen geschah, was bis heute gleichermaßen unwirklich wie angsteinflößend ist: Russische Truppen marschierten in der Ukraine ein. Dörfer wurden seither zerstört, die Städte liegen unter Raketenbeschuss. Die Zahl der Opfer ist ungewiss, mehr als 2,5 Millionen Menschen sind bereits aus dem Land geflüchtet.
Interkonfessionelles Bündnis schafft Orte der Begegnung
Wie können wir helfen? Eine zentrale Frage, die auch die Pastorinnen, Pastoren und Mitarbeitetenden kirchlicher und sozialer Einrichtungen in Lübeck bewegt. Neben Friedensgebeten und Hilfstransporten wollen die Kirchengemeinden jetzt aktiv die Vertriebenen unterstützen.
Zusammen mit der Flüchtlingsbeauftragten des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg, Elisabeth Hartmann-Runge, sowie der Polnischen Mission Lübeck, dem Ev. Frauenwerk, der Ev.-reformierten Gemeinde in der Hansestadt und der Freiwilligenagentur e-Punkt ist ein Netzwerk gegründet worden. Das Ziel: „Wir wollen geflüchteten Menschen Orte schaffen, an denen sie sich sozial begegnen können, Unterstützung bekommen, ein Stückweit zur Ruhe kommen können“, sagt Margrit Kehring-Ibold, Pastorin der Internationalen Gemeinde an der St. Lorenz-Kirche.
Begegnungen in Kirchen und Gemeindehäusern
Einen dieser Orte zur Begegnung bietet die Laurentiusgemeinde. In der Kirche St. Lorenz im Steinrader Weg finden ab sofort immer dienstags und freitags zwischen 15 und 18 Uhr Treffen statt. Es gibt Kaffee und Tee, Kuchen und Kekse, eine Spielecke für Kinder und Beratung, wenn sie gebraucht wird. Wo finde ich in Lübeck welche Ämter? Gibt es Ärzte, die Ukrainisch sprechen können? Habe ich die Möglichkeit, irgendwo Kleidung oder einen Kinderwagen zu bekommen?
Netzwerk will Menschen aus Ukraine unterstützen
„Momentan sind viele Geflüchtete noch in der Phase der Organisation - des Ankommens, der Orientierung“, sagt Pastorin Kehring-Ibold. Die Schrecken des Krieges, die Angriffe, die Flucht, die Trennungen brauchen einen großen Teil der Aufmerksamkeit. „Ich weiß von Familien, die Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen haben, dass diese sich erst einmal sehr zurückziehen.“
Dem will das Netzwerk entgegenwirken. „Wir möchten dafür sorgen, dass die Geflüchteten sich gut aufgehoben fühlen. Ihnen einen Ort geben einander zu treffen und möglichst viele Informationen sinnvoll für sie zusammenzuführen“, sagt Silke Meyer, Leiterin des Frauenwerks in Lübeck.
"Die erste Woche hab ich nur geweint"
Unterstützt wird das interkonfessionelle Bündnis von einer Vielzahl ehrenamtlicher Helferinnen und Hlfer wie Ksenia. Die 37-Jährige ist gebürtige Ukrainerin, stammt aus Charkiw und engagiert sich als Dolmetscherin. „Die erste Woche des Krieges habe ich nur geweint, kaum geschlafen“, sagt sie. Wut, Trauer und Angst mischen sich seither bei Ksenia. „Am liebsten würde ich in die Ukraine reisen und selbst kämpfen. Da das nicht möglich ist, versuche ich hier in Lübeck etwas zu tun und unterstütze Menschen, die aus unserer gemeinsamen Heimat vertrieben wurden.“
Pröpstin lobt das große Engagement
„Es ist gut, dass wir in der Stadt zusammenarbeiten, dass wir Know-how teilen und die Geflüchteten nach Kräften unterstützen“, sagt Petra Kallies. Lübecks Pröpstin weiter: „Handfeste praktische Hilfe, Zeichen der Solidarität mit dem ukrainischen Volk und Gebete um den Frieden gehören für mich zusammen.“