"Erinnerung für zehntausend Jahre wachhalten"
07. April 2014
Brokdorf. Vor den Werkstoren des AKW Brokdorf (Kreis Steinburg) an der Elbe hat am Sonntag die 333. Mahnwache stattgefunden. 22 Teilnehmer kamen bei strömendem Regen zusammen. Seit 1986 protestieren die Demonstranten an jedem 6. eines Monats gegen den Atomstrom. Anlass für die Gründung der Mahnwachen war der Super-GAU von Tschernobyl am 26. April 1986 und die Inbetriebnahme des AKW Brokdorf im Oktober 1986.
Die Mahnwachen waren initiiert von kirchlichen Mitarbeitern und Pastoren, von den Basisgemeinden Wulfshagener Hütten und Wedel, von Anti-AKW-Gruppen aus Hamburg sowie von Anwohnern aus der Wilster Marsch. Bis Anfang der neunziger Jahre gab es regelmäßige Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Der 6. Tag jeden Monats wurde im Gedenken an den ersten Abwurf einer Atombombe am 6. August 1945 auf Hiroshima gewählt. Zwischen der Produktion von Atomstrom und der militärischen Nutzung von Atomwaffen gebe es "unlösbare Zusammenhänge", sagt Hans-Günter Werner, ehemaliger Pastor der damaligen Nordelbischen Kirche.
26. April: Aktionstag mit "Protest- und Kulturmeile" an der Elbe geplant
Werner, mittlerweile 66 Jahre alt, gehört mit zu den Mahnwachen-Gründern. Er habe seitdem "kaum eine Aktion versäumt", sagt er. Die erste fand am 6. August 1986 statt. Die Mahnwachen würden weitergehen, bis der Reaktor abgeschaltet werde. Ihr Motto: "Im Angesicht der Bedrohung gemeinsam Wege der Hoffnung finden." Zum 28. Jahrestag des Tschernobyl-Unglücks am 26. April ist ein bunter Aktionstag mit einer "Protest- und Kulturmeile" an der Elbe geplant.
Mittlerweile habe man sich mit den Wachleuten des Atommeilers "fast freundschaftlich arrangiert", sagte Werner. Zwar würden von ihnen immer noch die Autonummern der Demonstranten und die Zahl der Teilnehmer "sorgfältig registriert und dokumentiert". Doch die Polizei tauche eigentlich gar nicht mehr auf. Zuletzt, vor Jahren, habe die Besatzung eines Streifenwagens Strafzettel wegen "Parken im Halteverbot" an die Demonstranten verteilen wollen. Daraufhin habe man sogar kurzfristig den offiziellen AKW-Parkplatz nutzen dürfen, bis die Blaulichtleute wieder weg waren.
Mahnwachen beginnen mit einer Andacht in der Kirche von Brokdorf
Am Sonntag begann die Mahnwache mit einer Andacht in der Kirche von Brokdorf. "Wir schreiben dort immer was ins Gästebuch", sagte Werner. Die Küsterin habe sich sogar schon darüber beschwert, "dass es immer dasselbe sei". Aber, sagt Werner, die Atomprobleme hätten sich ja auch nicht geändert. Das zeige auch der im März 2011 im japanischen Fukushima explodierte Reaktor.
Aktivist Werner: "Wir müssen die Erinnerung wachhalten"
Auf dem Deich an der Elbe stehen seit Jahren Gedenksteine - an Tschernobyl und an Hiroshima. Seit Juli 2011 auch an Fukushima. "Wir müssen die Erinnerung wachhalten", sagt Werner. Nicht nur an die Katastrophen, sondern auch an ihre Todesopfer, an die Menschen und ihre Gesichter. "Alle hier in Brokdorf hoffen, dass im Atomkraftwerk nichts passiert." Doch mit dem für spätestens 2021 geplanten Abschalten des AKW sei das Atomproblem nicht aus der Welt. Der radioaktive Müll werde weiter strahlen, für zehntausende von Jahren. Werner: "Genauso lange muss unsere Erinnerung halten."