Nordkirche beim CSD - Rückenwind für die Liebe
08. August 2023
Knapp 250.000 Menschen kamen am vergangenen Wochenende beim Hamburger CSD zusammen, um gegen Homophobie und Transfeindlichkeit zu demonstrieren. Unsere Kirche war erstmals mit einem eigenen Truck dabei. Eine Premiere, die Mut macht und Hoffnung gibt, dass Diversität bald selbstverständlich ist.
Mehr auf unserer Website "Liebe tut der Seele gut"
"Liebe tut der Seele gut" – mit diesem Motto ging die Nordkirche beim Hamburg Pride auf die Straße. Es war das erste Mal, dass unsere Kirche am Demonstrationszug mit einem eigenen Wagen teilnahm und somit als Einheit erkennbar war.
Friedliche Demo für Selbstbestimmung
Aus Sicht der Teilnehmer:innen und Organisator:innen war dies ein großer Erfolg. Und das nicht nur, weil der diesjährige CSD einen Besucherrekord vermeldete: 200.000 bis 250.000 Menschen kamen bei der Demo zusammen. Insgesamt zogen 116 Gruppen durch die Innenstadt, darunter gut 50 Fußgruppen, zudem Trucks sowie kleinere LKW. Das eigentlich Bemerkenswerte daran: Ausgelassene Feier und mit Nachdruck hervorgebrachte politische Forderungen schließen sich nicht aus.
Hass, Ausgrenzung, Gewalt und Diskriminierung – viele Menschen aus der LGBTQI*-Community müssen dies alltäglich erleben. Auf der Demo wurden diese Ungerechtigkeiten klar benannt, ohne dass die Stimmung in Wut umkippte. Stattdessen herrschte eine fröhliche Atmosphäre, die von Respekt und Solidarität getragen war.
Eine Kirche für alle Menschen
Besonders beeindruckt habe sie das Statement einer Teilnehmerin, die im Anschluss an den CSD auf Instagram schrieb "Wie lange kann ein Mensch von einem Tag zehren?", sagt Johanna Spiller, Mitarbeiterin der Jungen Nordkirche und Mitglied des Organisationsteams der Nordkirche.
"Einige Menschen haben bezogen auf ihre Identität oder sexuelle Orientierung in ihrem Leben bisher nicht nur positive Erfahrungen (mit Kirche) gemacht. Mit dem Truck hat die Nordkirche ein deutliches Zeichen gesetzt, dass sie eine Kirche für alle Menschen ist. Und das haben die Menschen auf dem Truck – und ich hoffe auch außerhalb – gespürt", sagt Johanna Spiller.
Mutmacher für Diversität
Der Wagen der Nordkirche sei ein "großartiges, sichtbares und fröhliches Zeichen für Würde, Diversität, Toleranz und Vielfalt" gewesen, meint auch Landesjugendpastorin Annika Woydack und ergänzt: "Dieser Rückenwind von so vielen, die mit unterstützt haben, macht total viel Mut."
In diesem Jahr hatten die Organisatoren das Recht auf Selbstbestimmung von Transmenschen in den Mittelpunkt der Demo gestellt. Zu den zentralen Forderungen zählen die Abschaffung des Trsanssexuellen-Gesetzes. Dieses legt mehrere, als demütigend empfundene Hürden auf dem Weg zu einer Änderung von Vornamen und Geschlechtseintragung fest. Ebenso forderten sie mehr bundesweite Maßnahmen zum Schutz von Transmenschen.
Liebe verbindet
Vor diesem ernsten Hintergrund war es am Ende aber die Liebe, die eine ebenso zentrale Rolle auf der Veranstaltung einnahm. Sie verband alle Feiernden und Demonstrierenden miteinander. Im Hinblick auf die Nordkirche war sie dann gleich in doppelter Hinsicht spürbar:
"So viele Menschen entlang der Strecke haben beim Anblick unseres Slogans ,Liebe tut der Seele gut‘ gelächelt, den Daumen hochgehalten oder uns applaudiert. Das war grandios! Dieses Gemeinschaftsgefühl hat mich nachhaltig beeindruckt und auch froh gemacht", sagt Maren Warnecke, Referentin Interne Kommunikation der Nordkirche und Demo-Teilnehmerin.
Die Liebe eines Paares erhielt dann auch noch inmitten des Demozugs den kirchlichen Segen: Während des CSD ließen sich Torsten und Thomas von Pastorin Angelika Gogolin (St. Moment) trauen. Wer mag, konnte sich aber auch abseits des Trucks seinen persönlichen Segen abholen – ob verheiratet oder nicht.
Gott ist bei jeder Verletzung dabei
Gott, so die Botschaft, liebt alle Geschöpfe. Etwas Nachhilfe in Sachen Toleranz haben nur wir Menschen nötig – auch innerhalb unserer Kirche. Um es mit den Worten von Pastor*in Natascha Hilterscheid zu sagen: "Es ist wichtig, dass die Nordkirche erstmalig beim CSD dabei ist. Wir brauchen Zeichen wie diese. Ich glaube aber auch, dass Gott* selbst schon längst dabei war! Bei jedem Outing. Bei jeder Liebe. Und auch in jeder Träne und Verletzung auch innerhalb dieser Kirche. Gott* stand schon immer auf der Seite der Menschen, die sich außerhalb der Norm bewegen und deshalb diskriminiert werden."
Schon im Vorfeld der Veranstaltung hatte die Pastor*in angemahnt, dass es nicht reichen werde, auf dem CSD Flaggen zu schwenken. Ähnlich sieht dies auch Maren Warnecke: "Zusätzlich wünsche ich mir auch noch andere Formate für queere Menschen, damit unsere Lebenswirklichkeit sichtbarer wird", sagte sie.
Es geht weiter
Und auch die Junge Nordkirche macht Mut, dass die Vernetzung von queeren Gruppen innerhalb der Nordkirche weitergehen wird. Wer Interesse daran hat, auf dem Laufenden zu bleiben oder Austauschmöglichkeiten sucht, kann sich für den Newsletter anmelden. Mit ihm wird in Zukunft regelmäßig zu Treffen eingeladen.